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Biografie Cereals

Wenn jemand die Aussage „Kauf dir heute ein Drumset und wir haben morgen eine Band“ lakonisch mit ‚Alright’ beantwortet und sich dann spontan ein Schlagzeug in den Warenkorb legt, nennt man das wohl Gründungsmythos. Knapp zwei Jahre später treten Cereals an um zu beweisen, dass der Tod des Indie nicht den Indiepunk einschließt. In den Worten von Liam Floyd: „Fick-dich-Musik mit Fick-mich-Blick“.

Was ist von der neuen Platte zu erwarten? Der EP-Titel ‚I liked them before anyone else‘ ironisiert den Hype, den es um Indie seit 10 Jahren nicht mehr gibt, anhand eines brennenden Flamingos als Coverfigur. Die fanden auch alle geil, bevor Sie scheiße wurden, weil im Rewe plötzlich Flamingo-Partysets verkauft wurden. Die Band macht kein Geheimnis aus ihren (extrem verschiedenen) musikalischen und textlichen Einflüssen: Britischer und US-Indie der Nullerjahre wird mit Punk und einer Prise Grunge verheiratet, um ihn anschließend mit Botschaften, die das Internet in Form von Memes bereithält, zu garnieren. Das hat was von der chinesischen Methode: Von allem etwas nachbauen, um es dann zu einem eigenen Produkt weiterzuentwickeln. Das Ergebnis ist ein „Besf of Indie and Garagepunk“, das phasenweise an die Arctic Monkeys, Pixies oder Fidlar erinnert.

Wovon handeln die Texte auf ‚I liked them before anyone else‘? Die Texte kreisen rund um den Wochenendhedonismus der Twentysomethings: Für Coming-of-Age zu spät, für Altersweisheit zu früh. Sie handeln von Fuckboys, Inszenierungskonsum und der verlorenen Instagram-Generation. Letztere würdigen Cereals mit einer für ihre Platten obligatorische Nirvana-Reminiszenz: „Here we are now: Entertainers“. Verflossene werden genauso thematisiert wie die Frauen, die deren Platz einnahmen; nur um zwei Songs später auch den Lückenbüßer zu würdigen, der den Platz an der Seite der Verflossenen einnahm. Es ist anzunehmen, dass die zahlreichen Literaturverweise, unter anderem auf Joris-Karl Huysmans‘ „Gegen den Strich“ oder „Das Bildnis des Dorian Gray“, dabei untergehen.

Wer sind Cereals? Um es mit der ersten Zeile aus dem Wikipedia-Eintrag der Strokes zusammenzufassen: „Die Bandmitglieder von Cereals stammen hauptsächlich aus wohlhabenden Verhältnissen und befassen sich inhaltlich sowie stilistisch mit klassischen Rock ’n’ Roll-Themen.“ Franz A. hat eine schöpfende Funktion in der Band. Er schreibt das Grundgerüst aller Lieder, spielt Gitarre und spricht als Sänger mit dem Publikum. Eigentlich ist er Unternehmensberater und verbringt seine Wochen in Städten wie Malmö oder an der Coast of Life in Kiel. Der umfängliche tätowierte Franz C. kann sich nicht zwischen dem Zauber zweier Welten (Versicherungsbranche vs. Rock’n’Roll) entscheiden. Gerade das macht ihn zu einem sehr sympathischen Typen, der wie gemacht für einen guten Schlagzeuger ist. Er steckt die ganze Leidenschaft in das Cereals-Hexenwerk und arbeitet auf diesem Weg an seiner Work-Life-Balance. Jonas K. ist jemand mit einem großen Herz und viel Verständnis. Er studiert Soziale Arbeit und ist über Umwege in die Band gekommen. Eigentlich hatte er ein Casting bei Brockdorff Klang Labor, entschied sich dann aber glücklicherweise gegen deren Angebot. Lukas R. ist als letzter in die Gang aufgenommen worden, als er auf der verzweifelten Suche nach einer passenden Band, auf die drei Boys stieß und so begeistert war, dass er dafür sogar Geld bezahlt hätte. Man könnte meinen, die restliche Band ist auf sein Angebot eingegangen. Immerhin baut er seine Verstärker und Effektgeräte selber. Genau wie Franz C. trägt er das Bandlogo in bester Libertines-Manier als Tattoo auf seinem Arm.

Wie geht es weiter? Nach über 20 Konzerten in Deutschland und zwei in Eigenregie organisierten Touren (unter anderem der prophetischen „Make Rock’n’Roll great again“-Tour Anfang 2016) sah der Plan vor, aufwendige Administration an Profis abzugeben. Mit Kick The Flame wurde ein renomierter Verlag/Vertrieb gefunden. Da sich die Band von ihrer Booking-Agentur trennen musste, ist für die Organisation der kommenden Shows erneut der geschulte DIY-Spirit de Band gefragt. Nach den Aufnahmen von „I liked them before anyone else“, hat sich die Band ein Studio im Proberaum eingerichtet, um sich mehr Zeit für Produktion und Recording zu gönnen. Eine Handvoll Demos für das Debütalbum ist fertigstellt. Diese lassen nur zwei Optionen offen: Entweder Cereals werden die deutschen Weezer oder sie verglühen in ihren eigenen Überambitionen.