Begriffe und Konzepte hinter dem Fairen Leben

opdokumentation „Fairstehen – Fairhandeln – Fairleben?!“ 11.-13. Mai 2012, Burg Altpernstein. Begriffe ..... die Berücksichtigung und. Optionen und Ziele unter.
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Workshopdokumentation „Fairstehen – Fairhandeln – Fairleben?!“ 11. 11.-13. Mai 2012, Burg Altpernstein Begriffe und Konzepte

Wichtige Begriffe und Konzepte für faires Leben

Nachhaltigkeit - Resilienz ................................................................................................ ................................ ............................................. 1 Gemeinwohl ................................................................................................................................ ................................ ................................ 4 Solidarität ................................................................ ................................................................................................ .................................... 6 CSR (Corporate Social Responsibility) .......................................................................................... .......................... 8 Gleichheit - Gerechtigkeit – Fairness ......................................................................................... ......................... 10

Nachhaltigkeit - Resilienz Bald wird niemand mehr ruhig schlafen können, die einen, weil sie so hungrig sind, die anderen, weil sie sich vor den Hungrigen fürchten. (in Brasilien bereits ein geflügeltes Wort) Auf dem Grabstein der Erde könnte stehen: "Jeder wollte das Beste - für sich." (Siegfried Lenz (*1926), dt. Schriftsteller) Wir befinden uns mitten im dritten Weltkrieg, dem schrecklichsten von allem. Dem Vernichtungsfeldzug gegen unsere Kindeskinder. (Michael Ende Schöpfer von Momo) Begrenzte Welt capacity (die Tragkraft der Erde) begrenzt. Auch das effizienteste Unbestreitbar ist die „carrying capacity“ Raumschiff, völlig giftfrei und mit perfekt geschlossenen Kreisläufen kann nur eine begrenzte Anzahl an Passagieren tragen. Definitionen: Nachhaltigkeit: Das Konzept der Nachhaltigkeit beschreibt die Nutzung eines regenerierbaren Systems in einer Weise, dass dieses System in seinen wesentlichen Eigenschaften erhalten bleibt und sein Bestand auf natürliche Weise regeneriert werden kann. Resilienz: beschreibt die Toleranz eines Systems gegenüber Störungen. Systeme müssen von innen oder außen kommende Störungen ihres Zustandes ausgleichen oder unter Aufrechterhaltung ihrer Systemintegrität ertragen. Im ersten Fall (Resilienz im engeren Sinn) muss also der ungestörte Ausgangszustand einen Attraktor der Dynamik darstellen, wogegen im zweiten Fall die Menge der tolerablen Systemzustände unter der Störungswirkung unveränderlich sein muss. Ein anschauliches Beispiel für Resilienz im engeren Sinn ist die Fähigkeit von Stehaufmännchen, Stehaufmännchen sich aus jeder beliebigen Lage wieder aufzurichten. Ein eng verwandter Begriff ist Selbstregulation. Selbstregulation Die 4 Säulen: Zukunftsfähig statt nachhaltig!

Workshopdokumentation „Fairstehen – Fairhandeln – Fairleben?!“ 11. 11.-13. Mai 2012, Burg Altpernstein Begriffe und Konzepte Zukunftsfähigkeit hat mehre Dimensionen, wobei die ökologische eine notwendige Bedingung bildet. Die sozialen Dimensionen können dazu gerne gleichberechtigt betrachtet werden, die ökonomische Zukunftsfähigkeit dagegen ist keine Bedingung sondern das Ergebnis. Ökonomisch zukunftsfähig kann nur sein, was die ökologische und soziale Zukunftsfähigkeit fördert. Entsprechend müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass alles andere gar nicht möglich wird. Unter Effizienz-Bedingung wird die Notwendigkeit verstanden, Energie, Material, Flächen (und Geld-Mittel) effizient einsetzen, d.h. möglichst viel Nutzung pro eingesetztem Gut zu erzielen, da diese begrenzt sind. Unter Suffizienz-Bedingung wird die Notwendigkeit verstanden, mit dem physisch Vorhandenen auskommen. Dies kann pro Haushalt, pro Nationalstaat, aber am sinnvollsten natürlich pro Planet betrachtet werden. Unter Resilienz –Bedingung wird die Notwendigkeit verstanden, das Puffervermögen unserer Systeme (natürliche wie technische oder wirtschaftliche) soweit zu festigen, dass die Systeme auch bei Störungen halbwegs stabil belieben können. Zur Resilienz der Ökosysteme tragen ganz entscheidend Artenvielfalt, BodenBoden und Wasserqualität bei. Auch bei technischen und wirtschaftlichen System ist Vielfalt ein stabilisierender Faktor, ebenso wie Transparenz und der Grad der Beteiligung aller Betroffenen. Wird Effizienz oder Konsistenz auf Kosten der Resilienz gesteigert, gehen Krisensicherheit und Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaft noch weiter verloren und es könnten schon kleine Krisen oder Kollapse von Teilsystem zu großen Katastrophen führen. So etwa erfordern hocheffiziente „intelligente Stromnetz“ Stromnetz (smart-grids) – durchaus kluge Ideen – aber eben auch das reibungslose Funktionieren der weltweiten Kommunikations-Technologien. Technologien. Und dort herrscht aber alles andere als Vielfalt und Transparenz. Ein simpler Computer--Virus könnte das gesamte System kollabieren lassen. Das ist das Gegenteil von Resilienz! Bei allen Schritten in Richtung Zukunftsfähigkeit geht es also nicht um die maximale Erfüllung einer der Bedingungen, sondern um die optimale Balance zwischen den Anforderungen. Die Erfüllung der Suffizienz-Bedingung Bedingung ist dabei als „Mutter aller Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit“ zu betrachten, eine unbedingt notwendige, wenn gleich nicht hinreichende Bedingung einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Die anderen Bedingungen müssen unter gegenseitiger Rücksichtnahme optimiert werden. Dabei kann es ständig zu Konflikten bei den einzelnen Zielfeldern kommen. Ecological Footprint: Das globale Hektar entspricht einem Hektar durchschnittlicher biologischer Produktivität (also der Fläche, die zur Produktion von Nahrung verwendet werden kann) weltweit. Die gesamte bioproduktive Fläche der Erde ist etwa 11,5 Milliarden Hektar, davon entfallen 22% auf hochproduktive Fläche. Auf 6,4 Milliarden Menschen verteilt ergibt das etwa 1,8 ha pro Kopf. Das globale Soll wäre damit 1,8 ha minus den mindestens 20%, die wir der Natur überlassen sollten, um die Vielfalt an Pflanzen und Tieren auf unserer Erde zu erhalten. Zukunftsfähig wäre etwa 1 gha pro Erdbewohner als Ziel

Workshopdokumentation „Fairstehen – Fairhandeln – Fairleben?!“ 11. 11.-13. Mai 2012, Burg Altpernstein Begriffe und Konzepte anzunehmen. Der durchschnittliche österreichische Footprint lag 2004 bei 4,6 ha pro Kopf. Würden alle Menschen mit dem gleichen Footprint leben wie wir, dann bräuchte die Menschheit fast 3 Planeten, die es aber - bekanntlich - nicht gibt. Carbon Footprint: Unter „Carbon Carbon-Footprint“ wird die gewichtete Summe der wichtigsten Treibhausgase verstanden, die bei der Herstellung, Nutzung und Entsorgung eines Produktes (oder einer Dienstleistung) entstehen. Angegeben wird Gewicht in Kilogramm CO2. Quelle: Pekny, W., 2008. Zukunftsfähig statt nachhaltig. Wien: Plattform Footprint. Verfügbar in: http://www.footprint.at/. [04.05.2012]; Definitionen siehe Wikipedia.

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Gemeinwohl In der wissenschaftlichen Debatte um den Gemeinwohlbegriff herrscht weitgehende Einigkeit über die Schwierigkeit, eine allgemeine oder gar verbindliche Definition aufzustellen. Wäre es möglich, ohne Unterschied sämtliche Interessen als Gemeinwohl zu etikettieren, etikettieren, so hätte seine Verwendung aufgrund der resultierenden Verwirrung und Unverbindlichkeit keinerlei Mehrwert. Eine Liste klarer und allgemeingültiger Merkmale aufzustellen, ist aufgrund der normativen Implikationen des Begriffs dennoch problematisch. Seine jeweilige inhaltliche Füllung variiert so abhängig vom zeitlichen und personellen Rahmen sowie von den Werten, Akteuren und Begriffen, gegen die es gerichtet ist. Häufig wird auf eine positive Bestimmung des Gemeinwohls verzichtet und es stattdessen ex negativo als Gegenteil konkreter Missstände wie Korruption oder Eigennutz definiert. Um Gemeinwohl zu bestimmen, ist eine strenge Historisierung und Kontextualisierung unverzichtbar. Doch selbst das Ziel einer akteursakteurs und situationsabhängigen Gemeinwohldefinition hldefinition stößt an Grenzen, sobald nur generell auf das allgemeine Wohl verwiesen wird, ohne dieses zu konkretisieren. Trotz der Schwierigkeit den Begriff zu fassen, wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass dieses existiert (oder wenigstens angestrebt werden kann) und auf einen Kompromiss unterschiedlicher Interessen hinausläuft. Meist ist das allgemeine Wohl nach moralischen Wertmaßstäben beurteilt und als positiver Gegenbegriff zum Eigennutz verstanden und abgegrenzt. Entscheidend für das jeweilige Verständnis von Gemeinwohl ist daher weiter die Frage, wer für dessen Wahrung und Umsetzung als zuständig erachtet wird und somit letztlich die Definitions Definitionsund Entscheidungsmacht inne hat. Zugespitzt kann der Kampf um das Definitionsmonopol für das Gemeinwohl wohl als Kampf um die politische Macht beschrieben werden. Die Verantwortung für das Gemeinwohl wurde – und wird – zumeist beim Staat verortet, dem als überparteiliche Instanz der Ausgleich zwischen den divergierenden Interessen innerhalb der Gesellschaft auferlegt wird. Die angestrebten Werte entsprechen im Verfassungsstaat den in der Verfassung niedergelegten Grundrechten und Staatszielen. Geimeinwohl im Pluralismus In pluralistischen, enthierarchisierten Gesellschaften gibt es kein Interpretationsmonopol Interpretationsmonop über das Gemeinwohl, sondern ein Bündel prinzipiell gleichwertiger Belange, die im Falle einer Prinzipienkollision gegeneinander abgewogen werden müssen. Dieser Vorgang geschieht meist auf dem Verfahrenswege durch Gesetzgeber und Verwaltung, kann aber auch auch vor Gericht oder durch – eingesetzte oder selbsternannte – Wächter des Gemeinwohls wie NGOs oder mobilisierte Bürger erfolgen bzw. angestoßen werden. Politische und ökonomische Entscheidungen, welche einem Teil dieser Gesellschaft (im Grenzfall allen) größeren Nutzen stiften, als durch sie Nutzen in den anderen Gruppen der Gesellschaft verloren geht, gelten als Steigerung des Gemeinwohls. Das genaue Ausmaß des Konstrukts „Nutzen“ ist jedoch nicht allgemeingültig messbar, weshalb sich immer wieder Strei Streit daran entzünden muss, ob ein Vorhaben tatsächlich die Wohlfahrt mehrt oder mindert.

Workshopdokumentation „Fairstehen – Fairhandeln – Fairleben?!“ 11. 11.-13. Mai 2012, Burg Altpernstein Begriffe und Konzepte Eine gemeinwohlorientierten Politik steht im Gegensatz zu einer von persönlichen Machtinteressen bestimmte Politik. Diese dient entweder nur den Machthabern oder anderen profitierenden Gruppen, die nicht direkt als Machthaber in Erscheinung treten, nicht aber der Gemeinschaft. Erstgenanntes lässt sich vor allem in absolutistischen Monarchien oder Diktaturen beobachten, doch auch der Kapitalismus als Wirtschaftsform steht in einer entsprechenden Kritik. Von Machtgruppen geleitete, wohlfahrtsmindernde Politik findet sich in unterschiedlich starker Ausprägung in allen politischen Systemen, z.B. durch Lobbyismus. Demnach kann sich Gemeinwohl nur aus einem freien und fairen Prozess Prozess der staatlichen Willensbildung unter Einbeziehung der Interessensgruppen ergeben. Quelle: Zivilgesellschaft, Gemeinwohl und Kollektivgüter, Hasenöhrl, Ute. 2009. Herfried Münkler, Harald Bluhm. Gemeinwohl und Gemeinsinn. Historische Semantiken politischer Leitbegriffe. Akademie Verlag Berlin, 2001. 9-31

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Solidarität Solidarität als politisch-soziologischer soziologischer Grundbegriff einstand im 19. Bzw. frühen 20.Jh. •

Pierre Leroux: Solidarität als „humanitäre Doktrin“



Auguste Comte: Solidarität bildet den „Zement“, der die Gesellschaft zusammenhält. Sie ist ein gesellschaftsstiftendes Prinzip, das aus dem Gesellschaftsorganismus „mehr als die Summe seiner Teile macht“. • Émile Durkheim: Unterschied zwischen mechanischer Solidarität,, die auf vorgegebenen gemeinsamen nsamen Merkmalen einer Gruppe beruht (z. B. Wir Arbeiter, Wir Frauen, Wir Deutsche), und organischer Solidarität, Solidarität, deren Basis das Angewiesensein aufeinander (z. B. Spezialisten in arbeitsteiligen Gesellschaften) ist. • Alfred Vierkandt: „Solidarität ist die Gesinnung einer Gemeinschaft mit starker innerer Verbundenheit“. Und: „Solidarität ist das Zusammengehörigkeitsgefühl, das praktisch werden kann und soll.“ Vertreter des Solidarismus betrachteten auf diesem Verständnis aufbauend Solidarität als einen Vertrag,, der allen Gesellschaftsmitgliedern ihren Platz und ihre Garantie bietet. Jedes Individuum steht nach dem Verständnis des Solidarismus in einer sozialen Schuld (dette social) gegenüber der Gesellschaft, die aus der Abhängigkeit jedes/r Einzelnen von der Gesellschaft resultiert. Je nach sozialer Ausgangssituation der Individuen ist diese Schuld ungleich verteilt, wodurch die Bessergestellten in der Lehre des Solidarismus in der Pflicht der Benachteiligten stehen. Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff der Solidarität Solidarität schließlich u. a. von Max Scheler und Henri Bergson in die Moralphilosophie übernommen und trat in ein weitgehend ungeklärtes Verhältnis zu Begriffen wie „Sympathie“, „Menschenliebe“, „Wohlwollen“, „Gemeinsinn“ und „Loyalität“. Braun (2003) unterscheidet erscheidet zwischen drei Ebenen der Solidarität: der alltäglichen, der inszenierten und der organisierten Solidarität. • Die alltägliche Solidarität bezeichnet Unterstützungsleistungen im Nahbereich (Familie, Verwandtschaft, Freundeskreis, Kollegen). Es handelt es sich um eine reziprozitätsorientierte Form von Solidarität, die sich etwa in wirtschaftlicher oder politischer Selbsthilfe, bsp. im Rahmen von Kooperativen, Gewerkschaften oder Versicherungsvereinen, zeigt. • Die inszenierte Solidarität geht über den Nahbereich von familiärem Umfeld hinaus. Diese Form der Solidarität wird ausgelöst durch die Einsicht in die Vorteilhaftigkeit gemeinsamen Handelns oder durch die wahrgenommene Benachteiligung anderer und dem damit einhergehenden Gefühl, etwas tun zu müssen. Hier handelt es sich um nicht reziprozitätsorientierte Solidarität in Form von „sozialem Engagement zugunsten des Gemeinwesens oder bestimmter Gruppen“ (Braun 2003) In dieser Konstellation handeln Menschen freiwillig zugunsten anderer, die außerhalb ihres sozialen Nahbereichs stehen und von denen sie im Allgemeinen keine Gegenleistungen erwarten können. Hierzu zählen beispielsweise ehrenamtliche Tätigkeiten und Spenden für die Not- und Entwicklungshilfe. • Organisierte Solidarität bezeichnet ist eng mit dem Modell des Sozialstaats verbunden. Anders als die inszenierte Solidarität, die auf Freiwilligkeit beruht, hat die organisierte Solidarität einen verpflichtenden Charakter. Sie ist nicht nur organisiert, sondern auch rechtlich einforderbar. Im Rahmen des Sozialstaats findet sie ihren Ausdruck in

Workshopdokumentation „Fairstehen – Fairhandeln – Fairleben?!“ 11. 11.-13. Mai 2012, Burg Altpernstein Begriffe und Konzepte Umverteilungsmechanismen durch Steuereinnahmen und in der Verpflichtung, Beiträge zur Kranken-, Renten-, ArbeitslosenArbeitslosen und Pflegeversicherung zu zahlen. Spätestens mit dem Aufkommen moderner, industrialisierter Gesellschaften stellt sich verstärkt die Frage, wie echte Solidarität angesichts einer zunehmenden Vielfalt der Lebensverhältnisse und im Rahmen zunehmend komplexer und globaler Zusammenhänge in Wirtschaft Wir und Gesellschaft verwirklicht und organisiert werden kann. Grundsätzlich steht zudem das problematische Verhältnis zwischen der Solidarität − die auf die Gruppe gerichtet ist und dem Einzelnen zumindest Bindung und Engagement abverlangt − und dem Individualismus ndividualismus − der die Selbstbestimmung der Einzelnen und deren Rechtsposition hervorhebt − zur Debatte. In der konkreten Politik führt dies unter anderem zur Frage des angemessenen Verhältnisses zwischen sozialer Absicherung und wirtschaftlicher Eigenve Eigenverantwortung, rantwortung, wie sie im Zuge einer Reform des Sozialstaats nach wirtschaftsliberalen Maßstäben kontrovers diskutiert worden ist. Eine weitere kritische Grenze findet die Solidarität in den Erfordernissen der politischen Gerechtigkeit. Quelle: Radtke, Katrin. Ein Trend zu transnationaler Solidarität? Die Entwicklung des Spendenaufkommens in der Not- und Entwicklungshilfe. Discussion Paper SP IV 2007-304, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung 2007. Solidarität: Eine soziologische Begriffsbestimmung, Ulf Tranow. Springer SV, 2012.

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CSR (Corporate Social Responsibility) Die Europäische Kommission (2001b, S.8) definiert CSR als „ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren“. Dabei wird CSR nicht als Ersatz für rechtliche Regelungen verstanden, sondern als freiwillige Selbstverpflichtung von Unternehmen zu verantwortlichem Handeln entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette (Beschaffung, Transport, Produktion, Konsum, Entsorgung etc.) über die bloße Gesetzeskonformität hinaus. Es geht auch nicht darum, in einer bestimmten Unternehmensabteilung (etwa der Öffentlichkeitsarbeit) zusätzlich ein CSR-Instrument anzuwenden. Vielmehr bezieht sich CSR auf die Art der Unternehmensführung und auf die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung in der alltäglichen Unternehmenstätigkeit und im Dialog mit den Betroffenen. “Corporate social responsibility (CSR) is about the core behaviour of companies and the responsibility for their total impact on the societies in which they operate. CSR is not an add-on nor is it an act of philanthropy.” (CSR ( Europe 2004) Konkrete Aspekte, auf welche sich CSR beziehen kann und soll: Die Interessen der Mitarbeiter müssen als wichtige interne Anspruchsgruppe berücksichtigt werden, Mindest-Arbeitnehmerrechte Arbeitnehmerrechte sind einzuhalten; bei Fusionen und Rationalisierungen ist auf eine sozialverträgliche Unternehmensumstrukturierung zu achten. Darüber hinaus werden für den Umgang mit den verschiedenen externen Anspruchsgruppen die Beachtung von Menschenrechten, die Verantwortung für lokale Gemeinschaften und indigene Völker und der globale Tier- und Umweltschutz genannt. Weiterhin erstreckt sich die Verantwortung auf den Umgang mit Geschäftspartnern, Lieferanten und Konsumenten. Als Motive für derartige unternehmerische Selbstverpflichtungen sind in der Literatur einerseits das Gefühl moralischer Verantwortung (bspw. Ringlstetter/Schuster 2002) zu finden und andererseits der ökonomische Nutzen einer freiwilligen Selbstverpflichtung. Die Europäische Kommission (2001, S. 8) formuliert es so: „Die Erfahrung mit Investitionen in umweltverträgliche Technologien und Unternehmenspraktiken legt nahe, dass es der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zuträglich sein kann, wenn man über die bloße Gesetzeskonformität hinausgeht [... und] ‚mehr‘ investiert in Humankapital, in die Umwelt und in die Beziehungen zu anderen Stakeholdern“. CSR ist nicht das erste Konzept, welches zur Minderung sozialer und ökologischer Probleme diskutiert wird. Supranationale Institutionen (UN, OECD, ILO) und verschiedene gemeinwohlorientierte NGOs haben schon vor Jahren eine Reihe von Instrumenten zur freiwilligen Selbstverpflichtung entwickelt und sich für deren Anwendung in der Praxis eingesetzt. Das dabei verfolgte Ziel war es, „die bestehende Lücke zwischen erzwingbaren Gesetzen und so universellen Prinzipien Pr und Werten, die in Abkommen wie der Allgemeinen Menschenrechtserklärung verkörpert sind, zu schließen“ (Europäische Kommission 2003, S. 5). Neben bereits bestehender Iniziativen, wurden und werden aber auch neue Instrumente und Leitfäden mit direktem Bezug zu CSR entwickelt.

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Quelle: Raupp, Jarolimek, Schultz (Hrsg) Handbuch CSR, 2011. VS-Verlag, Springer Fachmedien Wiesbaden. Mayerhofer, Grush, Mertzbach. Corporate Social Responsibility. Einfluss auf Einstellung zu Unternehmen und Marken. Facultas Universitätsverlag, Wien, 2008. Pommerening, Thilo. Eine Abgrenzung der Konzepte Corporate Social Responsibility und Corporate Citizenship. © WorldOne 2005 www.worldone.de.tp

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Gleichheit - Gerechtigkeit – Fairness Gleichheit und Gerechtigkeit sind zwei Begriffe, die in ihrer Bedeutung und alltäglichen Verwendung nah beieinander liegen. Dennoch bedeuten sie nicht dasselbe und stehen oft im Spannungsfeld miteinander. Bedeutet Gerechtigkeit, Gerechtigkeit, dass alle gleich behandelt werden? Setzt gerechtes Handeln nicht voraus, dass alle Menschen gleich sind und das gleiche Recht auf ein gutes Leben haben? Was passiert jedoch, wenn die Ausgangssituation der Menschen unterschiedlich ist, sollen dann ann auch alle gleich behandelt werden?

GLEICHHEIT In einer allgemeinen Definition bedeutet Gleichheit die Ununterscheidbarkeit oder Übereinstimmung zwischen zwei Objekten (das können Menschen, Gegenstände, Sachverhalte sein) in einem oder mehreren bestimmten Merkmalen. Es grenzt sich ab vom Begriff der Identität, der eine völlige Übereinstimmung in allen Merkmalen ausdrückt. Gleichheit als Begriff wurde von Philosophen schon seit mehr als zweitausend Jahren diskutiert. Als Grundlage von gesellschaftlicher Organisation wurde der Begriff in der Moderne, beginnend mit der amerikanischen Unabhängigkeitserkläru Unabhängigkeitserklärung ng und der französischen Revolution eingeführt. Gleichheit wurde dabei als demokratische Grundprinzip verstanden, indem alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. In der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung heißt es „We „We hold these truths to be self selfevident dent that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable rights, that among these are life, liberty, and the pursuit of happiness happiness.“ In der österreichischen Verfassung heißt es im Artikel 7: Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass alle Menschen in bestimmten Merkmalen Merkmalen gleich sind, sondern dass sie die gleichen Rechte auf die Erfüllung der Grundbedürfnisse und demokratische Teilhabe (Wahlen, Verfassungsschutz, etc.) haben. Wie geht man nun mit den Unterschieden zwischen den Menschen um, wenn man den Anspruch hat, alle gleich zu behandeln? Aristoteles sagt: „Gleichheit entsteht durch die Würdigung der Verschiedenartigkeit der einzelnen Bürger. Die Gerechtigkeit ist somit die Mitte zwischen den beiden Extremen von weniger und mehr.“ Cornelia Klinger formuliert das Zusammenspiel von Diversität und Gleichheit so, dass die beiden Begriffe eigentlich zusammengehören. „Gleichheit liegt nicht jenseits von Differenz, sonder realisiert sich vielmehr in ihrer Entfaltung. Zwischen Gleichheit und Differenz enz besteht kein Gegensatz, sondern Anspruch auf gleiche Rechte in der Gesellschaft ergibt sich überhaupt erst aus den kontingenten (Kontingenz: alles was möglich ist, passieren kann, aber nicht unbedingt passieren muss, Anm. Habersack) Differenzen zwischen den Akteuren.“

Workshopdokumentation „Fairstehen – Fairhandeln – Fairleben?!“ 11. 11.-13. Mai 2012, Burg Altpernstein Begriffe und Konzepte Die Überzeugung, dass alle Menschen das gleiche Recht auf ein gutes Leben haben, ist die Grundvoraussetzung für Gerechtigkeit. Gleichheit wird von vielen aber auch als mögliche Konsequenz von Gerechtigkeit, zum Beispiel von gerechter Verteilung Verteilung von Ressourcen, verstanden. GERECHTIGKEIT Was bedeutet nun Gerechtigkeit? Gerechtigkeit „Der Begriff der Gerechtigkeit bezeichnet einen idealen Zustand des sozialen Miteinanders, in dem es einen angemessenen, unparteilichen und einforderbaren Ausgleich Ausgleich der Interessen und der Verteilung von Gütern und Chancen zwischen den beteiligten Personen oder Gruppen gibt. gibt.“ Die Aufgabe Gerechtigkeit herzustellen und die gesellschaftlichen gesellschaftlichen Bereiche zu definieren, in denen Gerechtigkeit höchste Priorität hat, fällt in den meisten Fällen dem Staat zu. Eine aktive Zivilgesellschaft leistet ebenfalls einen wichtigen Beitrag entweder durch Unterstützung oder Opposition gegen den Staat. Hier sind noch einige Positionen zu der Beziehung zwischen Gleichheit und Gerechtigkeit und der Verantwortung von Staat, Gesellschaft und Individuum zur Herstellung von Gerechtigkeit bzw. Gleichheit: „Mehr oder weniger Gleichheit durchzusetzen, kann daher keine moralische Aufgabe Einzelner („Berufener“) „Berufener“) sein, sondern muss zu einem ethischen Prinzip einer demokratischen Gesellschaft werden.“ „Die zu erhaltenden Leistungen sollen in einem nachvollziehbaren und und akzeptierbaren Verhältnis zum Beitrag stehen, den ich selbst geleistet leisten werde. Diese Gerechtigkeit wird in der Regel über den Staat vermittelt. Der Staat (oder ein anderes ausgleichendes Gremium) legt fest, was gleich ist und ist somit der Motor dieser über (Um-)Verteilung )Verteilung erreichten Gleichstellung Gleichstellung.“ „Verteilungsgerechtigkeit richtet sich also auf Inklusion, nicht aber auf hierarchische Gleichstellung aller. Eine materielle Mindestsicherung für alle würde daher den Anforderungen der distributiven Gerechtigkeit genüge tun, hätte aber nur für eine bestimmte Gruppe von Menschen eine egalisierende Wirkung. Dies führt in der Regel zu keiner hierarchischen Gleichstellung, da diese Gleichheit des Tausches vorher bestandene Hierarchien festschreibt oder gegebenenfalls noch verstärkt.“ „Soziale Gerechtigkeit kann nicht immer und überall nach dem Prinzip der strikten Gleichheit in sämtlichen für relevant gehaltenen Dimensionen herbeigeführt werden. Einer allein in diese Richtung zielenden Politik läge vor allem der Terror der Gleichmacherei...“Karl Gleichmacherei...“Karl Marx „Vielleicht macht es daher weniger Sinn, danach zu fragen, wie „gerecht“die „gerecht“die Forderung nach Gleichheit und somit nach Gleichstellung ist, als danach zu suchen, wie Demokratie etabliert werden kann, und zwar als jene Herrschaftsform, die die Interessen der Mehrheit unter Beachtung von Interessen von Minderheiten jeweils zum Durchbruch verhilft.“ verhilft. FAIRNESS In welchem Zusammenhang steht nun der Begriff der Fairness mit Gerechtigkeit und Gleichheit. Der größte Unterschied besteht darin, dass Fairness eine Vorstellung von akzeptierter

Workshopdokumentation „Fairstehen – Fairhandeln – Fairleben?!“ 11. 11.-13. Mai 2012, Burg Altpernstein Begriffe und Konzepte Gerechtigkeit und Angemessenheit ausdrückt, die nicht gesetzlich geregelt ist. Fairness drückt daher viel stärker aus, dass es um Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens geht, die wir immer wieder miteinander aushandeln müssen. Es geht um die Balance zwischen gesellschaftlichen und individuellen Interessen und Bedürfnissen, Bedürfnissen, die auf Respekt und Achtung gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt basiert. Die deutsche Fairnessstiftung definiert den Begriff wie folgt: In Kooperation mit anderen seine Lebensziele in größtmöglicher Autonomie zu verwirklichen. Das kommunikative Gesetz der Balance von Kooperation und Konkurrenz, Vorteile eigener oder fremder Leistung nur dann zu nutzen, insofern dabei gleiche Chancen für alle Beteiligten und Betroffenen gewahrt, die Qualität des individuellen und gesellschaftlichen Lebens und der Kooperation eher gefördert, denn gemindert und die Partizipation an der Verteilung von Gütern und Werten den Starken möglich und den Schwachen eigens ermöglicht ist. Darum umfasst Fairness •

die Achtung und den Respekt gegenüber jedem Menschen unabhängig von seinem sozialen Status, seiner hierarchischen Stellung, seiner öffentlichen Rolle, seiner nationalen, religiösen oder geschlechtlichen Zugehörigkeit, • die Berücksichtigung und den Ausgleich unterschiedlicher Interessen, Neigungen, Optionen und Ziele unter Beachtung gleicher, transparenter Bedingungen und Möglichkeiten zur Wahrnehmung der eigenen Interessen, • die wechselseitige Gültigkeit und Beachtung der für alle Seiten geltenden und lebensförderlichen Regeln im Umgang miteinander wie auch im Verhältnis zwischen Menschen, Medien und Organisationen, • die soziale, persönliche, ökologische und ethische Verträglichkeit von Einstellungen und Verhalten, Strukturen, Prozessen und Regeln, Produkten und Dienstleistungen.

Quellen: Schmid, Tom (2007): Gleichheit und Gerechtigkeit - zwei aufeinander bezogene Begriffe? . In: Equal EqualEntwicklungspartnerschaft QE GM (Hg.), Qualitätsentwicklung Gender Mainstreaming, Band 2: Grundlagen. S. 84- 108. Wien: Eigenverlag. Angelika Krebs (2000): Gleichheit oder Gerechtigkeit. Die Kritik am Egalitarismus. Gesellschaft für analytische Philosophie, GAP 4 Konferenz http://www.gap-im-netz.de/gap4Konf/P netz.de/gap4Konf/Proceedings4/pdf/6%20Pol1%20Krebs.pdf Cornelia Klinger (2010): Tricolore – Drei http://www.eurozine.com/articles/2010 http://www.eurozine.com/articles/2010-12-01-klinger-de.html Fairness Stiftung: http://www.fairness-stiftung.de/ http://www.fairness

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