Bürgerstolz und Seelenheil Geschichte, Architektur und Ausstattung ...

4 Allen voran seien Kurt Müller (1887–1981) und Klaus Koldrack genannt. 5 Beck 2003. 6 Vgl. Bergau 1885, .... und Ulrich (II.) von. Biberstein, dass ihr Oheim ...
1MB Größe 3 Downloads 61 Ansichten
Beeskower Marienkirche

Studien zur Backsteinarchitektur • Band 5

Ekkehard Krüger und Dirk Schumann (Hg.)

Bürgerstolz und Seelenheil Geschichte, Architektur und Ausstattung der Beeskower Marienkirche

Lukas Verlag

Abbildung auf dem Umschlag: Historisches Foto der Marienkirche vom Markt aus, vor 1930, Archiv Dirk Schumann

Mit freundlicher Unterstützung durch •  Stiftung der Sparkasse Oder-Spree •  Stadt Beeskow •  Förderverein Burg Beeskow e.V. •  Förderverein Marienorgel Beeskow e.V.

© by Lukas Verlag Erstausgabe, 1. Auflage 2012 Alle Rechte vorbehalten Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte Kollwitzstraße 57 D–10405 Berlin www.lukasverlag.com Reprographie, Satz und Umschlag: Lukas Verlag Druck: Elbe Druckerei Wittenberg Printed in Germany ISBN 978–3–931836–32–0

Inhalt

Beeskow und seine Marienkirche – eine Pfarrkirche zwischen der Mark Brandenburg, der Mark Meißen, Niederschlesien und der Lausitz Beeskow in den herrschaftlichen und kirchlichen Strukturen des späten Mittelalters Michael Scholz

7

9

Laienwelt und Kirche im spätmittelalterlichen Beeskow Klaus Neitmann

41

Die Niederlausitz und der städtische Pfarrkirchenbau. Eine Einführung Ernst Badstübner, Dirk Schumann

74

Zur mittelalterlichen Baugeschichte der Beeskower Marienkirche Dirk Schumann

84

Instandsetzungen der Marienkirche im 19. und 20. Jahrhundert Falko Neininger

125

Die Bemühungen um den Wiederaufbau der Marienkirche Knut Krüger

158

Die Marienkirche in Beeskow – Denkmalpflege zwischen Konservierung und Restaurierung Ruth Klawun

182

Die Wandmalereien in der Sakristei. Drei spätgotische Darstellungen der Kirchenväter Hans Burger, Peter Knüvener

190

Ein ungewöhnlicher Bestand mittelalterlicher Wandmalerei in der Beeskower Sakristei. Zur Restaurierung des Kirchenväter-Zyklus’ in der Sakristei 204 Dorothee Schmidt-Breitung Die verlorene Ausstattung der Marienkirche Peter Knüvener

216

Bestattungen in und um die Stadtpfarrkirche St. Marien in Beeskow. Zur Deutung der mittelalterlichen Leitersargsitte Blandine Wittkopp Die Grabplatten der Marienkirche Beeskow Bärbel Arnold und Peter Knüvener »ein dieser Kirche und Gemeine angemessenes Werck«? Orgeln in der Beeskower Marienkirche Ekkehard Krüger

236 251

284

Anhang Archivalische Quellen zur Geschichte der Marienkirche und der evangelischen Pfarrei in Beeskow im Brandenburgischen Landeshauptarchiv Potsdam 323 Falko Neininger Literaturverzeichnis

333

Häufig benutzte Abkürzungen

346

Die Autoren

347

6

Beeskow und seine Marienkirche – eine Pfarrkirche zwischen der Mark Brandenburg, der Mark Meißen, Niederschlesien und der Lausitz »Es ist eine der schönsten Kirchen in der Mark und der Efeu, der sich bis in die Spitzbogen emporrankt, scheint zu wissen, was er an ihr hat. Der massive Turm geht in seinem zweiten Stockwerk sehr gefällig aus dem Viereck ins Achteck über und eine pyramidenförmige Spitze schließt den ganzen Bau gefällig ab.« Theodor Fontane, 1862 (Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 2. Band: Das Oderland, Kapitel »Schloss Kossenblatt«)1

Beeskow, eine kleine Stadt im südöstlichen Land Brandenburg, architektonisch ausgezeichnet durch die auch heute noch alles überragende Stadtpfarrkirche St. Marien, die Burg auf der Spreeinsel und eine gut erhaltene Stadtmauer, spielt in der landesund kunstgeschichtlichen Literatur bisher nur eine untergeordnete Rolle. Diese heute noch spürbare Benachteiligung mag eine Ursache in der Herkunft ihres alten Kreises aus dem Herrschaftsverband der Niederlausitz und der daraus resultierenden Grenzlage haben.2 Kann die Geschichtsschreibung von Stadt und Landkreis wenigstens noch auf eine ältere Monographie3 und Beiträge von ortsansässigen Heimatforschern4 verweisen, so blieb die angemessene Beschreibung, Einordnung und Bewertung der Beeskower Bau- und Kunstdenkmale lange Zeit ein Stiefkind der Forschung, was angesichts der großartigen Dimensionen und der architektonischen Qualität des Pfarrkirchenbaus, der reichen Überlieferung dazugehöriger mittelalterlicher Urkunden und Kopialbücher5 im Stadtarchiv sowie nicht zuletzt der noch unerschlossenen Bestände des Ephoralund Pfarrarchivs erstaunt. Ein erster Übersichtsbeitrag in dem 1885 erschienenen »Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler in der Provinz Brandenburg« von Rudolf Bergau blieb ohne publizistische Folgen.6 Zwar äußerten sich die Bearbeiter des 1906 erschienenen zweiten Bandes des Handbuches der Kunstdenkmäler wohlwollend über den schlanken spätgotischen Ziegelbau der Marienkirche7, doch ist diese Würdigung knapp gehalten und führte 1 Zitiert nach: Fontane 1971, S. 382. 2 Da Beeskow-Storkow einerseits erst im Verlauf des 16. Jahrhunderts an das brandenburgische Kurhaus gekommen war, es andererseits die Niederlausitz – ein sächsisches Nebenland ohne starkes Zentrum – schon lange vor 1815 verlassen hatte, scheinen sich brandenburgische und sächsische Landesgeschichtsforschung nicht zuständig gefühlt zu haben. Vgl. auch: Scholz 2009. 3 Petersen 1922. 4 Allen voran seien Kurt Müller (1887–1981) und Klaus Koldrack genannt. 5 Beck 2003. 6 Vgl. Bergau 1885, S. 153–157. 7 Dehio 1906.

Beeskow und seine Marienkirche

7

Undatierte Zeichnung eines Konsolsteins als »Engelskopf« in den Gewölbediensten des Chores der Marienkirche in Christoph Treuers »Annales Beesckowiensis« (BLHA Rep. 8 Beeskow Nr. 1, Bl. 147, Ausschnitt) – Text neben der Zeichnung: »Von den 2 Engels-Köpfen/ Es wird zwar gesagt, daß davon 2 seÿn/ sollen, welche nach einem Punkte hinsehen,/ woselbst ein Schaz liegen soll. Doch kan/ bis izt nur 1 wirklich gezeiget werden./ das übrige schmeckt fabelhaft. Denn in/ der halben Kirche nach dem Altare zu, wo/ die Bogensteine zusammen stossen auf die/ Capitäle der Wandpfeiler, stehen einige/ größere Steine, welche entweder keine/ Figuren vorstellen, oder überhaupt nur/ Erfindungen des Maurers p. sind. Einige/ stellen (durch das Perspectiv betrachtet)/ einen Kopf, einen Satÿr- oder Esels-/kopf, andre Figuren p. vor; bei einigen/ ist gar nichts zu sehen.«12

ebenfalls zu keiner weitergehenden wissenschaftlichen Beschäftigung mit diesem Bau und seiner Ausstattung. Ein beschreibendes Inventar für den Kreis Beeskow-Storkow innerhalb der »Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg«, wie es zum Beispiel die Kreise Lebus 1909 oder Luckau 1917 erhielten, kam vor der Zerstörung der Kirche im April 1945 nicht mehr zustande.8 Eine detaillierte kunst- oder architekturgeschichtliche Einordnung unterblieb auch in der Folge.9 8 Die baugeschichtliche Literatur zur Marienkirche stammte mehrheitlich von Heimatforschern, während einige Aufsätze zu ausgewählten Baudetails der Marienkirche von den unmittelbar mit den bautechnischen Problemen befassten Baumeistern herrühren. Vgl. Zitelmann 1797; Emmich 1861. 9 Vor diesem Hintergrund und im Rahmen der forschungspolitischen Orientierung der DDR-Kunstwissenschaft, für die mittelalterliche städtische Sakralbauten als »bürgerlich« legitimiert werden mussten, blieb die Dissertation von Günter Schade über die Entwicklung des Hallenumgangschores in Brandenburg ein verdienstvolles Unikum, das allerdings an der mangelnden Grundlagenforschung in der Region litt. Vgl. Schade 1962. In populären Übersichtsdarstellungen blieb die Marienkirche jedoch stets präsent. Vgl.: Bau- und Kunstdenkmale 1980, S. 80f.; Badstübner 1982, S. 27, 52, 167.

8

Beeskow und seine Marienkirche

Ganz neue Perspektiven eröffneten schließlich die politischen Veränderungen 1989/90. Nach verschiedenen Etappen des vergeblichen Ringens um einen Wiederaufbau in den ersten Nachkriegsjahren, des Einrichtens in den noch nutzbaren Raumteilen und der mühsamen Substanzerhaltung der Ruine war es endlich seit 1991 möglich, den schrittweisen Wiederaufbau in Angriff zu nehmen. Im Zuge der voranschreitenden Sanierung konnte der Kirchenbau wieder in seiner Bedeutung für die Architekturentwicklung einer ganzen Region wahrgenommen werden und fand Eingang in kunst- und architekturhistorische Darstellungen.10 Zudem erbrachten die bauvorbereitenden und -begleitenden Untersuchungen umfangreiche Befunde, die schließlich auch ein detaillierteres Bild der Baugeschichte zu zeichnen erlaubten. Das Gleiche gilt für die 1934 entdeckten und 1998/99 restaurierten Wandgemälde in der Sakristei, deren Bedeutung überhaupt erst im Zuge ihrer Untersuchungen deutlich wurde.11 2011 feierten die evangelische Kirchengemeinde und die Stadt Beeskow die Vollendung der Kirche vor 500 Jahren, als deren Schlusspunkt die überlieferte Fertigstellung der Turmspitze gilt. Aus diesem Anlass wurde der vorliegende Sammelband konzipiert, der das einzigartige Bauwerk der Marienkirche und dessen Entstehung in einen kulturhistorischen Kontext einzubinden versucht. Den Ausgangspunkt bilden Untersuchungen zu den territorialhistorischen Bedingungen und frömmigkeitsgeschichtlichen Grundlagen. Im Zentrum des Bandes steht die Geschichte des Bauwerkes selbst von der Errichtung bis zu den Bemühungen um die Wiederherstellung der Kirche, die noch vor der Herausbildung des Denkmalpflegegedankens im 19. Jahrhundert einsetzten und über verschiedene gesellschaftliche Systeme hinweg bis in die jüngste Vergangenheit reichten. Schließlich folgen Beiträge zur Ausstattungsgeschichte. Dazu gehört die erstmalige Beschäftigung mit den größtenteils verlorenen Inventarstücken wie den Grabplatten, dem Hauptaltarretabel, der Kanzel sowie den Orgeln. Mit den hier versammelten Aufsätzen von nicht nur innerhalb der Landesgeschichte namhaften Autoren entstand schließlich ein beispielhafter Querschnitt, der nicht nur ein Resümee der bisherigen Forschung zieht, sondern zugleich einen vielschichtigen kulturhistorischen Prozess abbildet, der letztlich auch das Bild eines umfassenden Wandels ist, verbunden mit der Hoffnung, dass Städte wie Beeskow nicht zuletzt auch wegen ihrer vielschichtigen Vergangenheit und der damit verbunden Zeugnisse eine Zukunft haben. Beeskow und Berlin, im Herbst 2012

Die Herausgeber

10 Zum Beispiel: Badstübner/Schumann 2000, Gentz 2003. 11 Vgl. u.a.: Hengelhaupt/Schmidt-Breitung 2007; Mittelalterliche Wandmalerei 2010. Zur Restaurierung der Malereien siehe den Beitrag von Dorothee Schmidt-Breitung in diesem Band. 12 BLHA Rep. 8 Beeskow Nr. 1, Annales Beesckowiensis Bl. 147 (mutmaßlich jüngere Ergänzung).

Beeskow und seine Marienkirche

9

Beeskow in den herrschaftlichen und kirchlichen Strukturen des späten Mittelalters Michael Scholz

»Beeskow – die märkische Kleinstadt an der Spree« – so wirbt eine Broschüre aus dem Jahr 2002 für die historische Innenstadt der heutigen Kreisstadt im Osten Brandenburgs.1 »Märkisch« im Sinne von brandenburgisch ist Beeskow freilich erst recht spät geworden; noch im 16. Jahrhundert zählte die Stadt zum Markgraftum Niederlausitz. Als sie in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts schließlich in den Besitz der Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg überging, hatte sie schon eine bewegte Geschichte als Mittelpunkt einer »im Schatten mächtiger Nachbarn«2, im Spannungsfeld zwischen Brandenburg, Sachsen und Böhmen, gelegenen Lausitzer Herrschaft hinter sich. Wenn im Folgenden die herrschaftlichen Strukturen beschrieben werden sollen, in denen sich die Beeskower Bürgerschaft während des späten Mittelalters bewegen musste, so sind dies zunächst diejenigen der Herrschaft Beeskow, die eng mit der benachbarten Herrschaft Storkow verbunden war. In einem zweiten Schritt folgen die Verfassungsstrukturen der Stadt Beeskow und schließlich die kirchlichen Verhältnisse des Mittelalters, die ebenfalls im 16. Jahrhundert durch die Reformation eine nachhaltige Umwälzung erfuhren. Wenn die zitierte Broschüre Beeskow als »Kleinstadt« bezeichnet, so gilt dies auch für die mittelalterliche Zeit – und damit befand es sich in guter Gesellschaft der großen Mehrheit der deutschen Städte. Die Herren von Beeskow und ihre Herrschaft

Beeskow erscheint zuerst im Januar 1272 in den Quellen3 und befand sich zu dieser Zeit in den Händen der Familie von Strehla. Wie lange dieses Adelsgeschlecht, das sich nach dem Ort Strehla an der Elbe (zwischen Riesa und Mühlberg) nannte und dort seit der Mitte des 12. Jahrhunderts nachweisbar ist4, bereits in der nördlichen Niederlausitz begütert war, ist aus den vorliegenden Zeugnissen nicht sicher zu entnehmen. Rudolf Lehmann vermutete, dass es schon im frühen 13. Jahrhundert dort ansässig wurde5, doch sicheren Boden betreten wir erst im November 1272, als die Ritter Bernhard und Reinhard von Strehla der Stadt und ihren Bürgern eine Spreeinsel und das umliegende Land schenkten.6 Die von Strehla waren also Grundherren 1 Beeskow. Historische Innenstadt mit Perspektiven, Herausgeber Kreisstadt Beeskow, Juli 2002. 2 Vgl. Neitmann (Hg.) 2006. 3 UB Dobrilugk, Nr. 61a; Beck 2003, Nr. 247. 4 Schieckel 1956, S. 37f. 5 Lehmann 1966, S. 33. 6 CDB 1.20, S. 340f.; Beck 2003, Nr. 1.

Beeskow in den herrschaftlichen und kirchlichen Strukturen des späten Mittelalters

11

1  Stadtansicht von Beeskow um 1710, Daniel Petzold zugeschrieben (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz)

im unmittelbaren Umland von Beeskow, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Stadt auf ihrem Grund und letztlich auf ihre Initiative hin gegründet worden war, lag sie doch unmittelbar neben ihrer Burg, die 1316 erstmals erwähnt wird.7 Nur wenig wissen wir von der Herrschaft der Strehla um Beeskow und Storkow im 13. Jahrhundert. Man hat in der Forschung vermutet, dass sich die Familie am Ende des 13. Jahrhunderts in zwei Linien aufgespalten hatte, von denen angeblich die »Langen« in Beeskow und die »Kurzen« in Storkow residierten8, doch legt die lückenhafte urkundliche Überlieferung eine solche Annahme nicht zwingend nahe.9 Einige wenige Belege des frühen 14. Jahrhunderts zeigen Angehörige der Familie in Beziehung zu Beeskow oder Storkow, ohne dass daraus nähere Schlüsse zu den Herrschaftsverhältnissen gezogen werden könnten.10 Erst 1321 stehen wir auf festerem Boden. Am 31. März schenkte Herzog Rudolf von Sachsen-Wittenberg seiner Stadt Beeskow und ihren Bürgern alle die Rechte, Gewohnheiten und Besitzungen, die sie von alters her von den Herren von Strehla gehabt hätten. Vor allem gestand er ihnen zu, dass sie ihr Recht vor ihrem Schultheißen suchten und nicht vor dem herzoglichen Vogt.11 Das Datum der Urkunde verweist uns 7 8 9 10

CDB 2.1, S. 389; Schölzel 1989, S. 11. Petersen 1922, S. 17; Lehmann 1966, S. 34. – Vgl. auch Lippert 1894, S. 223, Nr. 6 und Anm. 1. So auch Zahn 2002, S. 47, 50. 1311 erscheint ein Pfarrer in Storkow in einer Urkunde Johanns von Strehla für das Kloster Mühlberg (Lehmann 1968a, Nr. 299). Zwischen 1316 und 1319 bittet Reinhard von Strehla den Markgrafen Woldemar von Brandenburg, seinen Neffen Johann mit Einkünften aus Dörfern und Seen um Storkow und aus der Münze zu Beeskow zu belehnen (CDB 1.20, S. 341; Lehmann 1968a, Nr. 318). – Die von Zahn 2002, S. 56–58, in seinen genealogischen Überlegungen als Herren von Beeskow und Storkow angenommenen Personen sind als solche in den vorliegenden Quellen nicht direkt nachweisbar. 11 CDB 1.20, S. 342; Beck 2003, Nr. 6.

12

Michael Scholz

in die Zeit der Auseinandersetzungen nach dem Tode des askanischen Markgrafen Woldemar im Jahr 1319, der neben der Mark Brandenburg auch die Niederlausitz besessen hatte. Um das Erbe waren sogleich heftige Streitigkeiten entbrannt, in deren Verlauf Rudolf aus der sächsischen Linie der Askanier 1320 große Teile der Mittelmark und die Niederlausitz in seine Gewalt gebracht hatte. In diesem Zusammenhang nahm er auch Beeskow in Besitz.12 Rudolf konnte die Herrschaft über Beeskow auch in den nächsten Jahren behaupten. 1328 erhielt er sie zusammen mit der Lausitz und anderen Teilen der Mark von dem neuen wittelsbachischen Markgrafen Ludwig dem Älteren als Pfand auf zwölf Jahre.13 Doch noch vor Abschluss dieser Zeit übernahm Ludwig die Herrschaft über Beeskow selbst und bestätigte der Stadt 1339 ihre Rechte.14 In den 1340er Jahren geriet diese in den Strudel der Verpfändungspolitik des Wittelsbachers, ohne dass deutlich wird, wer jeweils den tatsächlichen Besitz innehatte. Während dieser Zeit war Storkow offenbar durchgängig in der Hand der Strehla verblieben. Es hat somit den Anschein, als hätten sich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch unterschiedliche politische Schicksale aus dem ursprünglich gemeinsamen Herrschaftsgebiet der von Strehla getrennte Herrschaften Beeskow und Storkow herausgebildet.15 Erst am Ende der 1340er Jahre kam es zu einer Wiedervereinigung beider Gebiete. Im Januar 1349 wurde Hans von Strehla als Herr von Beeskow und Storkow bezeichnet und bestätigte den Bürgern von Beeskow ihre althergebrachten Rechte, hatte die Herrschaft über die Stadt also wohl kurz zuvor übernommen.16 Die Nachfolge des kurz darauf verstorbenen Hans traten für die nächsten beiden Jahrzehnte gemeinsam die miteinander verwandten Botho von Torgau, Reinhard von Strehla und Dietrich von Torgau an, wobei es offenbar zu einer Nutzungsteilung kam, infolge derer Botho von Torgau Beeskow und Reinhard von Strehla Storkow verwaltete. Letzterer konnte spätestens 1376 die Herrschaften in seiner Hand vereinigen, sah sich aber bald zu einer Veräußerung gezwungen.17 Am 12. Februar 1377 beurkundeten die Brüder Johann (III.) und Ulrich (II.) von Biberstein, dass ihr Oheim Reinhard von Strehla ihnen Haus und Stadt Beeskow aufgelassen und die Bürger zur Huldigung angewiesen habe.18 (Abb. 3, 4) Schon am nächsten Tag bestätigten die Bibersteiner dem Rat, Schöffen und gemeiner Bürgerschaft Beeskows alle Besitzungen und Rechte, die sie von Alters her von ihren Herren erhalten hätten.19 Mit den Bibersteinern kam ein meißnisch-böhmisch-schlesisches 12 Vgl. Lehmann 1963, S. 60f. Unklar ist, auf welche Weise Reinhard von Strehla, der sich noch im April 1321 als Herr von Beeskow bezeichnete (Lehmann 1968a, Nr. 350), die Stadt verlor. 13 Lehmann 1968a, Nr. 387. 14 CDB 1.20, S. 344; Beck 2003, Nr. 9. 15 Scholz 2009, S. 48. 16 CDB 1.20, S. 349; Beck 2003, Nr. 18. 17 Zu den Einzelheiten vgl. Scholz 2009, S. 49f. 18 CDB 1.20, S. 357; Beck 2003, Nr. 31. – Zu Johann von Biberstein vgl. auch Hallwich 1875. – Die Nummerierung zur besseren Unterscheidbarkeit der Familienmitglieder der Biberstein richtet sich nach Hertz/Hilbig 1911, vor S. 1. 19 CDB 1.20, S. 357; Beck 2003, Nr. 32.

Beeskow in den herrschaftlichen und kirchlichen Strukturen des späten Mittelalters

13

14

Michael Scholz