Ausserbetriebnahme der Anlage im Jahr 2019 - Energie aktuell

Referat von Urs Gasche, Verwaltungsratspräsident der BKW AG, anlässlich der. Medienkonferenz vom 30. Oktober 2013. Sehr geehrte Damen und Herren.
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Kernkraftwerk Mühleberg

Ausserbetriebnahme der Anlage im Jahr 2019

Referat von Urs Gasche, Verwaltungsratspräsident der BKW AG, anlässlich der Medienkonferenz vom 30. Oktober 2013

Sehr geehrte Damen und Herren Ich heisse Sie ganz herzlich willkommen zur heutigen Medienkonferenz und danke für Ihr zahlreiches Erscheinen. Die BKW hat sich in den letzten Monaten intensiv mit der Laufzeit des Kernkraftwerks Mühleberg auseinandergesetzt und unterschiedliche Szenarien analysiert. Um es gleich vorweg zu nehmen: Die BKW hat entschieden, das Kernkraftwerk unter Erfüllung aller Sicherheitsauflagen bis 2019 weiter zu betreiben und danach vom Netz zu nehmen.

Sie stellen sich natürlich die berechtigte Frage, warum sich der Verwaltungsrat gerade für die Variante 2019 entschieden hat? In Abwägung aller Aspekte, insbesondere der sicherheitsrelevanten Fragen, ist die Variante 2019 die beste. Warum? Im Einvernehmen mit dem ENSI werden wir sofort mit ausserordentlichen Nachrüstmassnahmen beginnen und erhöhen damit die Sicherheit des Kraftwerks für die letzten sechs Jahre. Bei der Variante 2017 hätten wir keine Zusatzinvestitionen getätigt und damit auch die vordringlichsten Anliegen nicht mehr erfüllt. Der Entscheid, das KKM 2019 vom Netz zu nehmen, erlaubt uns nicht nur eine geordnete Ausserbetriebnahme in Bezug auf unsere Mitarbeitenden im Kernkraftwerk, sondern erleichtert auch die Amortisation der Investitionen in die Nachrüstungen.

Ausschlaggebend für den unternehmerischen Entscheid, das KKM 2019 ausser Betrieb zu nehmen, waren die gegenwärtigen Marktverhältnisse sowie die Ungewissheit bezüglich der politischen und regulatorischen Entwicklung. Zudem rechnet die BKW damit, dass mittelfristig weitere, gegenwärtig noch undefinierte und nicht quantifizierbare technische und wirtschaftliche Unsicherheiten einen Langzeitbetrieb zusätzlich erschweren dürften. Sie können sich vorstellen, dass diesem Entscheid in der Konzernleitung und im Verwaltungsrat intensive Analysen und Diskussionen vorausgegangen sind. Das Kernkraftwerk Mühleberg hatte wie Sie wissen in den letzten Jahren eine bewegte Geschichte: Nach grossen Zusatzinvestitionen in die Sicherheit, folgte eine Laufzeitbeschränkung durch das Bundesverwaltungsgericht, die dann dieses Jahr mit einer unbefristeten Betriebsbewilligung aufgehoben wurde.

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Erlauben Sie mir, den Entscheid kurz im Rahmen der Konzernstrategie zu erläutern.

Die BKW Gruppe hat im März 2012 eine neue Konzernstrategie mit vier Eckpfeilern verabschiedet: Ausbau der erneuerbaren Produktion, das erfolgreiche Etablieren von neuen Geschäftsmodellen, die Erhöhung der Flexibilität und eine nachhaltige Steigerung des Unternehmenswerts. Im Einklang mit der Energiestrategie 2050 des Bundesrates hat sich die BKW zum Ziel gesetzt, die Energieeffizienz und die erneuerbaren Energien weiter zu fördern. Gleichzeitig will die BKW die Chancen einer dezentraleren Stromproduktion nutzen und durch den Aufbau neuer Geschäftsfelder eine führende Rolle als Energiedienstleisterin spielen.

Ausgangslage für diese Strategie war die Annahme, dass das Kernkraftwerk Mühleberg bis 2022 und damit bis zur Festigung der neuen Marktposition in Betrieb bleiben würde. Für eine spätere Ausserbetriebnahme sprach insbesondere, dass ein Ersatz der wegfallenden Produktionsmenge mit eigenen Anlagen in der Schweiz unmittelbar nicht realisierbar ist. Diese ursprünglich favorisierte Variante konnte aufgrund der Vorgaben des Eidgenössischen Nuklearinspektorats (ENSI) leider nicht weiter verfolgt werden. Nun muss die BKW diese Marktposition mit einem um drei Jahre kürzeren Planungshorizont erreichen.

Aber auch mit der Ausserbetriebnahme 2019 verliert die BKW ihre strategische Long-Position nicht. Unter anderem kann die BKW ihren Grundversorgungsauftrag erfüllen und die Versorgung ihrer Partner-EVU auch nach der Ausserbetriebnahme des KKM mit Schweizer BKW Strom garantieren.

Lassen Sie mich nun nochmals näher auf die drei wichtigsten Gründe zurückkommen, die zu unserem Entscheid geführt haben.

Erstens finanzielle Betrachtungen: Die gegenwärtige Situation auf den europäischen Strommärkten ist durch eine schwache Konjunktur und eine massive staatliche Subventionierung der Sonnen- und Windenergie mit entsprechendem Preiszerfall charakterisiert. Diese Situation erhöht den Druck auf die BKW und beeinflusst deren finanzielle Situation. Im Vorfeld des Entscheids setzte sich die BKW lange auch mit den Strompreisszenarien auseinander. Relativ rasch war klar, dass im Falle eines Tiefpreisszenarios das KKM auch im Langzeitbetrieb nicht in der Lage gewesen wäre, die finanzielle Situation der BKW zu verbessern. Eher besteht das Risiko, dass in einem negativen Marktumfeld allfällige Mehraufwände zu einer stärkeren Anspannung der finanziellen Situation der BKW führen würden. Dabei hat sich die Ausserbetriebnahme 2019 als die robusteste und beste Variante erwiesen.

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Zweitens politische Überlegungen: Der Bundesrat hat sich im Rahmen seiner Energiepolitik 2050 zwar für einen geordneten Ausstieg aus der Kernkraft entschieden. Gleichzeitig wurden aber verschiedene kantonale und nationale Initiativen lanciert, welche die Betriebsdauer von Kernkraftwerken begrenzen und gesetzlich festschreiben wollen. Damit besteht ein latentes Risiko einer ungeplanten Ausserbetriebnahme. Eine solche wiederum stellte das grösste finanzielle Risiko dar, weil weder getätigte Investitionen amortisiert, noch die Ressourcen optimal disponiert werden könnten, von den Auswirkungen solcher Unsicherheiten auf unsere Mitarbeitenden gar nicht zu sprechen.

Drittens regulatorische Aspekte: Auch diesbezüglich sieht sich die BKW mit zunehmenden Anforderungen konfrontiert. Die Auflagen des ENSI für einen Langzeitbetrieb des KKM hätten hohe Kosten zur Folge gehabt deren Amortisation in der Restlaufzeit des KKM unter den gegebenen unsicheren Rahmenbedingungen nicht garantiert wären.

Ich komme zum Schluss: Unabhängig von der Ausserbetriebnahme des KKM werden die anspruchsvollen Marktverhältnisse und die damit verbundenen Marktpreise in den nächsten Jahren die BKW stark beeinflussen. Die BKW ist mit ihrer Konzernstrategie gut darauf vorbereitet. Ziel muss es sein, die wirtschaftlichen Einbussen im konventionellen Energiegeschäft durch das Erschliessen neuer Dienstleistungen und Produkte und durch effizientere Prozesse zu kompensieren. Wir sind überzeugt, dass der BKW die Festigung ihrer Marktpositionierung auch nach der Ausserbetriebnahme des Kernkraftwerks gelingen wird. Umso mehr gilt: Durch eine frühere Fokussierung wird die Strategie BKW 2030 noch schneller und konsequenter umgesetzt.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und gebe nun das Wort für weitere Ausführungen an unsere CEO, Frau Dr. Suzanne Thoma.