Anwendung des V-Modell XT – Stand und ... - Semantic Scholar

Partner: BMI/KBSt. TUM, TU-KL. Partner: FwD. TU-KL. Partner: IT-AmtBw. Siemens, TUM ... Verpflichtende Vorgehensbausteine aus dem V-M odellXT Kern.
195KB Größe 2 Downloads 106 Ansichten
Anwendung des V-Modell XT – Stand und Erfahrungen aus der Pilotierungsphase Marco Kuhrmann∗ Technische Universit¨at M¨unchen Software and Systems Engineering Boltzmannstr. 3 85748 Garching, Germany

Dirk Niebuhr† Christian Bartelt‡ Technische Universit¨at Kaiserslautern AG Softwarearchitektur Gottlieb-Daimler-Straße 67653 Kaiserslautern, Germany

Abstract: Das V-Modell XT hat das etablierte V-Modell 97 als verbindlicher Standard zur Durchf¨uhrung von IT-Projekten der o¨ ffentlichen Hand abgel¨ost. In diesem Beitrag ziehen wir ein erstes Mal Bilanz u¨ ber die aktuell laufenden Pilotprojekte. Wir geben ¨ einen kurzen Uberblick u¨ ber die Charakteristiken der einzelnen Projekte und deren Umfang. Wir skizzieren die Anpassbarkeit des V-Modell XT anhand der Pilotprojekte und pr¨asentieren ein erstes Feedback der beteiligten Projektpartner. Dabei benennen wir St¨arken und auch Schw¨achen, die sich bis jetzt gezeigt haben und pr¨asentieren den weiteren Weg des V-Modell XT.

1 Einleitung Das V-Modell XT hat das etablierte V-Modell 97 als verbindlicher Vorgehensstandard der o¨ ffentlichen Hand abgel¨ost. Ist das neue V-Modell nun einfach da? Was ist nun anders? Um diese Fragen und ein großes Durcheinander zu vermeiden, war im WEIT -Projekt, welches die Weiterentwicklung des V-Modells zur Aufgabe hatte, eine umfangreiche Pilotierungsphase vorgesehen. Diese sollte es erm¨oglichen, bereits fr¨uhzeitig die Praxistauglichkeit des V-Modell XT zu pr¨ufen und die gemachten Erfahrungen wieder in die Weiterentwicklung einfließen zu lassen. Außerdem bot sich dadurch die M¨oglickeit, sehr fr¨uh die eigentliche Zielgruppe mit dem neuen Vorgehensstandard zu konfrontieren. Im Rahmen dieser Pilotierungsphase werden momentan verschiedene Pilotprojekte durchgef¨uhrt. Dabei reicht das Spektrum von Kleinstprojekten bis hin zu Großprojekten in der Industrie und der o¨ ffentlichen Hand. ¨ Im Folgenden wollen wir zun¨achst einen Uberblick u¨ ber die aktuell laufenden Projekte geben. Im Anschluss zeigen wir die Anpassbarkeit des V-Modell XT im Rahmen der Pilotprojekte und pr¨asentieren ein erstes Feedback der Projektpartner zu St¨arken und Schw¨achen. ∗ [email protected]

[email protected][email protected]

259

¨ 2 Die Pilotprojekte im Uberblick Aktuell werden insgesamt 4 Pilotprojekte1 durch das WEIT-Team mit einem Aufwand von ca. 1 Personenjahr je Projekt betreut. Wir wollen nun alle Projekte kurz vorstellen. Abbildung 1 bietet einen kompakten Gesamt¨uberblick Projektüberblick Projekt

WiBe

Rolle im Projekt Projekttyp

SATURN

Funkwerk Dabendorf

Auftraggeber

Auftraggeber

Auftragnehmer

Auftragnehmer

Softwaresystem

Komplexes System

Softwaresystem

Eingebettetes System

Ausgewählte PDS

Vergabe und Durchführung von Systementwicklungsprojekten (AG)

Inkrementelle Systementwicklung (AN)

Beteiligte Personen aus WEIT

Partner: BMI/KBSt TUM, TU-KL

Partner: IT-AmtBw IABG, TUM

Partner: IT-AmtBw Siemens, TUM

Partner: FwD TU-KL

Werkzeugunterstützung

microTOOL in-Step, MS Office

Projektassistent, CVS, MS Project, MS Office

Projektassistent, CVS, MS Project, MS Office

microTOOL in-Step, MS Office

Aktueller Stand des Projekts

Projekt beauftragt

Nachdokumentation

Projekt definiert

Systementwicklung in 2. Iteration

¨ Abbildung 1: Uberblick u¨ ber die laufenden Pilotprojekte

Neuentwicklung der Software WiBe 4.0 (AG): Hier soll die Software WiBe2 abgl¨ost werden, da sie den fachlichen und technischen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Dieses Projekt ist ein Standardbeispiel f¨ur eine ausschreibungsbasierte Beschaffung mit Entwicklung. In [KNR05, Kuh05] haben wir uns bereits eingehender dazu ge¨außert. SATURN (AG, AN): SATURN ist das Vorreiterprojekt des IT-AmtBw, in dem neue Funkger¨ate beschafft werden sollen. Im Rahmen des SATURN Projekts werden zwei Projekte durch das WEIT-Team unterst¨utzt. Im AG-Projekt werden das Gesamtprojekt und eines der Teilprojekte betreut. Das zweite Projekt findet auf der Auftragnehmerseite statt. Funkwerk Dabendorf (AN): Entwicklungsgegenstand dieses Projekts ist eine Freisprecheinrichtung f¨ur Mobiltelefone. Ziel ist es, ein modulares System zu erstellen, in dem sich unterschiedliche Handys anschließen lassen. In einem austauschbaren Ger¨ateteil k¨onnen dann bspw. handyspezifische Protokollumsetzungen und Features implementiert werden. ¨ Werkzeugunterstutzung in den Projekten Eine der wichtigsten Anforderungen bei der Entwicklung des V-Modell XT war eine gute Werkzeugunterst¨utzung. Abbildung 1 zeigt, dass diese vorhanden ist und in den Pilotprojekten bereits weitgehend genutzt wurde. So wurde bspw. im SATURN-Projekt f¨ur die Arbeit mit dem V-Modell XT auf die ebenfalls im WEIT-Projekt entstandenen Open Source Werkzeuge zur¨uckgegriffen. Der VModell XT Projektassistent unterst¨utzte dabei das Tailoring, das Erstellen der Produkttemplates sowie das Anfertigen eines initialen Projektplans. Die beiden anderen Projekte 1 Weitere

2 WiBe

Pilotprojekte befinden sich momentan in der Vorbereitung bezieht sich auf das Konzept der Durchf¨uhrung von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, siehe [R¨ot04]

260

setzen hierf¨ur auf das Werkzeug in-Step der Berliner microTOOL GmbH, das neben den gerade genannten F¨ahigkeiten auch noch die Funktionen f¨ur die Verwaltung der Produktbibliothek und ausgefeilte Projektmanagementfunktionen integriert. In allen Projekten werden f¨ur die Produktbearbeitung die g¨angigen Office-Tools, wie z.B. Word verwendet.

3 Umfang der Pilotprojekte In diesem Abschnitt wollen wir kurz den Umfang der Pilotprojekte skizzieren. Wir wollen dies anhand der Tailoring-Ergebnisse tun und die Vorgehensbausteine und Produkte betrachten. Abbildung 2 zeigt die entsprechenden Daten, die anhand der Anwendungsprofile ermittelt wurden. Projektüberblick Projekt

WiBe

Rolle im Projekt

SATURN

Auftraggeber

Auftraggeber

Funkwerk Dabendorf Auftragnehmer

Auftragnehmer

Verpflichtende Vorgehensbausteine aus dem V-M odellXT Kern Projektmanagement Qualitätssicherung Konfigurationsmanagement Problem- und Änderungsmanagement

11 5 2 4

Ausgew ählte Vorgehensbausteine aufgrund des Anw endungsprofils des Projekts Anforderungsfestlegung

3 Systemerstellung

15

Auftragsvergabe, Projektbegleitung und Abnahme (AG)

Angebotserstellung und Vertragserfül9 lung (AN)

(3)

Kaufmännisches Projektmanagement

2 SW-Entwicklung

7 SW-Entwicklung

7

Systemsicherheit

1 Logistikkonzeption

9 HW-Entwicklung

7

Logistikkonzeption Produkttypen:

7

34

37

56

9 63

¨ Abbildung 2: Uberblick: Vorgehensbausteine mit Produktanzahl f¨ur die Pilotprojekte

Die in Abbildung 2 gezeigte Grafik stellt die Ergebnisse des Tailorings direkt gegen¨uber. Die Abbildung fasst dabei zum einen die jeweils f¨ur ein Projekt ausgew¨ahlten Vorgehensbausteine zusammen, und stellt diesen gleichzeitig die Anzahl der dort definierten Produkttypen zur Seite. So l¨asst sich bereits ein erstes Gef¨uhl daf¨ur bekommen, wie viele Produkte im Verlauf eines Projekts nach V-Modell XT erstellt werden m¨ussen. Die 22 Produkte des V-Modell Kerns sind in jedem V-Modell XT konformen Projekt zu erstellen. Jedoch gibt es auch hier Abweichungen, die wir sp¨ater noch besprechen wollen. Auf zwei Dinge wollen wir an dieser Stelle hinweisen: Der Vorgehensbaustein Angebotserstellung und Vertragserf¨ullung (AN) definiert nach [VMX] insgesamt 7 Produkte, von denen jedoch 4 vom Auftraggeber bereitgestellt werden (externe Produkte, z.B. der Vertrag). Vom Auftragnehmer sind dann nur noch 3 Produkte zu erstellen. Der n¨achste an-

261

zusprechende Punkt ist, dass das projektspezifische V-Modell noch weiter auf konkrete Projektbed¨urfnisse angepasst werden kann [VMX, KNR05]. So haben wir z.B. im Rahmen des WiBe-Projekts sowie im Rahmen des SATURN-AN Projekts selektiv Produkte und Aktivit¨aten gestrichen. Insgesamt ist der Abbildung 2 jedoch zu entnehmen, dass in jedem Projekt nur relevante Produkte erstellt und somit auch nur relevante Aktivit¨aten durchgfef¨uhrt werden m¨ussen. Es muss jedoch noch zwischen Produkttypen und Produktexemplaren unterschieden werden. Als Beispiel wollen wir den Vorgehensbaustein Projektmanagement auff¨uhren. Hier sind bspw. die beiden Produkte Projekthandbuch und Besprechungsdokument enthalten. Das Projekthandbuch wird nur einmal erstellt. Besprechungsdokumente werden hingegen bei jeder Besprechung erstellt. Die in Abbildung 2 aufgef¨uhrten Zahlen beschreiben nur die Anzahl der aus dem Tailoring erzeugten Produkttemplates.

4 Praxistauglichkeit des V-Modell XT Wir wollen nun noch kurz auf die Praxistauglichkeit des V-Modell XT eingehen und dabei Stimmungen der Projektpartner einfangen. Hierzu haben wir unsere Partner gebeten, kurz ihre Meinungen zu a¨ ußern. Das Ergebnis ist Abbildung 3 zu entnehmen. Insgesamt k¨onnen Meinungen Positives und Stärken Das V-Modell XT ist ein deutscher Standard und in der Automobilindustrie anerkannt. Flexibler im Vergleich zum V-Modell 97, bessere Unterstützung durch Werkzeuge und besser anpassbar

Positives mit Negativeffekt*

Negatives bzw. Schwächen

Weit reichende Nachverfolgbarkeit der Anforderungen, Plausibilitätsprüfungen auf Auftraggeberseite, Verantwortlichkeitsfeststellung

Die Dokumente enthalten z.T. redundante Passagen; nicht immer ist der Sinn sofort erkennbar Terminologie ist gewöhnungsbedürftig, insb. an der AG/AN-Schnittstelle; der Systembegriff ist nicht intuitiv Produktabhängigkeiten sind nur schwer zu erkennen. Akzeptanz muss geschaffen werden Es wird nur die Entwicklung komplett abgedeckt; die Planung der Produktion und des Betriebs ist nicht ausreichend – geeignete Schnittstellen wären vorteilhaft Die Auswahl der PDS erfolgt zu restriktiv und bietet zu wenig Spielraum Bei Kleinstprojekten übersteigt der Aufwand den Auftragswert (hier ist i.d.R. eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung notwendig)

Hoher Wiederverwendungswert einmal erstellter Produkte, bzw. praktikabler Vorgehensweisen

Projekte mit sehr kurzer Laufzeit sind kaum oder nur mit nicht angemessenen Aufwand beherrschbar

Mehr Prüfungen sind wichtig, aber auch zeitaufwändig Umstellung in Denk- und Herangehensweisen notwendig, aber schwierig

Gute Organisation und Struktur Viele neue Herangehensweisen Gut auf die Bedürfnisse der Industrie zugeschnitten (nicht mehr so Behördenlastig) Guter Ansatz, falls noch kein Vorgehensmodell eingeführt wurde

* Negativeffekt: Grundsätzlich positive Eigenschaft, die aber teurer oder aufwendiger als etablierte Methoden sein können.

Abbildung 3: Feedback der Projektpartner zur praktischen Anwendung des V-Modell XT

wir das Feedback durchaus als positiv bezeichnen, m¨ussen jedoch auch zur Kenntnis nehmen, dass es noch Probleme gibt, die sich nun in den ersten Projekten zeigen. Mit dem

262

im August ver¨offentlichten Release 1.1 wurde zun¨achst ein gr¨oßeres Bugfixing getrieben. Gr¨oßere Arbeitspakete (Fertigprodukte auf AG-Seite, Logistik etc.) stehen ebenfalls schon auf der Agenda des folgenden Releases. Auch die Probleme mit der Terminologie des VModell XT sind mittlerweile schon angegangen worden. So werden im Augenblick gerade engere Beziehungen zu Vertretern der o¨ ffentlichen Hand hergestellt, um zweifelhafte Begriffe sauberer zu definieren.

Zusammenfassung In diesem Beitrag haben wir einen Einblick in die Pilotierungsphase des V-Modell XT gegeben. Wir haben am Beispiel der Anwendungsprofile den Umfang der initialen Produktbibliothek in Abh¨angigkeit vom einzelnen Projekt skizziert. Das V-Modell XT ist auf verschiedenste Projekte und Projektgr¨oßen anpassbar. Wie wir jedoch aus dem Feedback der Projektpartner erfahren konnten, ist gerade die Projektgr¨oße gemessen am Aufwand das wesentliche Entscheidungskriterium f¨ur oder gegen das V-Modell XT. Insbesondere der Aufwand bei kleineren und Kleinstprojekten (kleiner 6 PM) wird kritisch betrachtet und somit zur Messlatte f¨ur kleinere und mittlere Unternehmen. Trotzdem konnten wir den Meinungen der Projektpartner eine positive Stimmung entnehmen. Als positiv wird vor allem die gesteigerte Flexibilit¨at und Anpassbarkeit gegen¨uber dem V-Modell 97 empfunden. Auch die st¨arkere Beachtung der Bed¨urfnisse der Industrie wird gesch¨atzt. Skeptisch sehen die Projektpartner jedoch bspw. die starke Fokussierung der Qualit¨atssicherung. Sie wird als wichtiger und richtiger Schritt empfunden, der jedoch Auswirkungen auf die Projektkosten haben kann. Die Kritiken der Projektpartner, die wir durch derartiges Feedback bekommen, fließen direkt in die Fortschreibung des V-Modell XT ein. Schulungsprogramme, die bereits laufen, helfen ebenso wie die mittlerweile sehr gute Unterst¨utzung durch Toolhersteller, die ersten H¨urden zu nehmen. Auf diese Weise wird das V-Modell XT weiter reifen.

Literatur [KNR05] Marco Kuhrmann, Dirk Niebuhr und Andreas Rausch. Application of the V-Modell XT - Report from A Pilot Project. In Mingshu Li, Barry Boehm und Leon J. Osterweil, Hrsg., Unifying the Software Process Spectrum, Software Process Workshop 2005 Beijing, China, May 25-27. Springer, 2005. [Kuh05] Marco Kuhrmann. V-Modell XT - Praxisbericht aus dem Pilotprojekt IT-WiBe. Erfahrungsbericht, Technische Universit¨at M¨unchen, May 2005. [R¨ot04]

P. R¨othig. WiBe 4.0 – Empfehlung zur Durchf¨uhrung von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen in der Bundesverwaltung, insbesondere beim Einsatz der IT. Schriftenreihe der KBSt, 2004.

[VMX]

V-Modell XT Portal. http://www.v-modell-xt.de.

263