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Marketing

Gewerbliche Kurzzeitmieten

Start-ups lieben Pop-up-Läden 36

AIZ 3|2017

Foto: © maselkoo99

Bei bestimmten Handelsflächen kann es sinnvoll sein, diese vorübergehend als Pop-up-Store zu vermieten, um eine Leerstandsphase zu überbrücken. Aber längst nicht alle Flächen eignen sich für diese Nutzung, die immer mehr Zuspruch findet. Was Makler wissen und beachten sollten. Von Jan Seidenfaden Derzeit sind viele innovative Ladenmieter auf der Suche nach Flächen, die sie kurzzeitig – in der Regel einige Wochen bis wenige Monate – mieten können. In der Regel dient es ausländischen Firmen dazu, den deutschen Retail-Markt kennenzulernen. Oder es soll getestet werden, ob Produkte in einer bestimmten Geschäftslage angenommen werden oder vielmehr ein alternativer Standort die bessere Wahl wäre. Auch die Hersteller saisonaler Produkte schwören auf Interims-Geschäfte. Online-Händler wie Zalando testeten zunächst in Berlin einen Pop-up-Store, bevor sie in der Hauptstadt sowie anderen Großstädten mit klassischen Läden an den Markt gingen. Im Wrangelkiez in Berlin erprobte ein venezolanischer Streetfood-Laden („Kärrecho“), ob sein Konzept ankommt. Während der Kölner Möbelmesse bezieht mancher Hersteller leerstehende Läden, um dort für kurze Zeit seine Einrichtungsgegenstände zu prä­sentieren. Schuh- und Modeläden bilden größte Nachfragegruppe Die Vorteile für die Händler liegen auf der Hand: Ihr Risiko ist überschaubar. Falls ein Konzept nach wenigen Wochen nicht den nötigen Zuspruch findet, wird es wieder eingedampft. Ist die Resonanz gut, kann eventuell mit dem Vermieter ein klassischer Mietvertrag ausgehandelt oder in der Nachbarschaft ein größerer Laden angemietet werden. Gerade Mode- oder Schuhläden, die die größte Nachfragegruppe nach Pop-upStores stellen, schätzen es, wenn der Vorgänger Regale, Theken und Umkleidekabinen dagelassen hat, die – mit frischer Farbe versehen – genutzt werden können. Ansonsten aber gilt, dass Kurzzeit-Shops den Charme des Unvollkommenen und Provisorischen ausstrahlen sollen. Die Mög­lichkeiten über Social-Media-­Kanäle kostenneutral auf die Eröffnung eines Pop-up-Stores hinzuweisen, spielen diesen Kurzzeit-Läden ebenfalls in die Hand. Ratsam ist es, für die Nutzer abgespeckte Mietverträge abzuschließen, die nicht lan-

ge verhandelt werden müssen und Mieter und Vermieter nicht mehr Pflichten als nötig aufbürden (siehe unten). Aber nicht alle Retail-Flächen sind für diese Konzepte geeignet und vor allem Vermieter in B- und C-Lagen dürfen nicht darauf vertrauen, dass diese Stores ihre Vermietungsprobleme auf Dauer lösen. Gefragt sind vielmehr trendige Nebenlagen, in denen ein experimentierfreudiges, junges Publikum unterwegs ist, das bereit ist, neue Waren zu testen. Die angebotenen Läden sollten möglichst flexible Grundrisse mit gutem Zuschnitt haben. Sie sollten sauber und mit der notwendigen Technik versehen sein, so dass die Nutzer mit geringen Investitionen den Shop belegen können. Denn nicht selten werden die Verträge kurzfristig geschlossen, teils binnen weniger Tage. Da bleibt kaum Zeit, über Mietereinbauten und Renovierungen zu verhandeln. Bevorzugte Standorte können in Berlin beispielsweise Kreuzberg oder der Bereich um den Rosenthaler Platz, in München die Quartiere Schwabing oder Glockenbachviertel sein sowie in Köln das Belgische Viertel. Um nur einige zu nennen. Große Fußgängerzonen scheiden für Popup-Läden aus. Zum einen sind hier die Mieten für Experimentierfreudige und Start-­ups zu hoch. Außerdem müssen sich Vermieter kaum Sorgen um eine langfristige Vermietung machen. Um den höheren Verwaltungsaufwand zu kompensieren, können Vermieter für Kurzzeitverträge eine anteilig höhere Miete nehmen, die etwa zehn bis 20 Prozent über der Standardnettomiete liegen kann. Werden Flächen tageweise angeboten, ist der Mieter oft bereit, eine noch höhere Miete zu bezahlen, die 20 bis 40 Prozent über der üblichen Miete liegt. Vermittler von Pop-up-Stores kommen mit der üblichen Vergütung, die sich an der Laufzeit des vermittelten Gewerbemietvertrags orientiert, nicht weit. Daher sollten sie mit dem Vermieter beziehungs-

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weise Mieter eine abweichende Vereinbarung treffen, wie etwa eine pauschale Vergütung. Möglicherweise kann das Maklerhonorar angerechnet werden, falls der Mieter über die Pop-up-Phase hinaus in der Fläche bleibt. Abgespeckter Mietvertrag ist ausreichend Bei Pop-up-Mietverträgen gilt, dass bei einer Mietdauer von weniger als einem ­ Jahr abgespeckte Mietverträge ausreichen, in denen beispielsweise die Betriebskosten als Pauschale vereinbart werden. Ein Light-Mietvertrag muss auch keine Vereinbarungen für die Übertragung von In­ standhaltungsarbeiten auf den Mieter enthalten. Bei der Beschreibung der Mietsache sind Klauseln ausreichend, denen gemäß die Gewerbefläche so übernommen wird wie sie der Vormieter hinterlassen hat und sie auch so nach Vertragsende zurückzugeben ist. Auch sind keine Konkurrenzschutzklauseln vonnöten. Haben Vermieter Angst, dass ihre Start-UpMieter den Mietzins nicht bezahlen können, kann eine Mietpauschale vereinbart, werden, die zum Mietvertragsstart fällig wird und sich auf die gesamte Laufzeit erstreckt. Dann müssen gegebenenfalls keine Mieterauskünfte bei einer Wirtschaftsauskunftei eingeholt werden.

Der Autor: Jan Seidenfaden ist Retail-Experte bei der Gewerbe­ maklerfirma Larbig & Mortag Immobilien GmbH. Das Unternehmen hat sich auf die Vermittlung von Büro- und Handelsflächen sowie auf Investments im Großraum Köln, Bonn und Leverkusen spezialisiert. Foto: Larbig & Mortag Immobilien

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