Adipositas von Kindern und Jugendlichen. Einfluss ... AWS

handen sind.5 Adipositas ist dagegen eine reine Zunahme des Körperfetts durch eine über das. Normalmaß hinaus erhöhte Nahrungszufuhr - somit ist also grundlegend zwischen Überge- wicht und Adipositas zu unterscheiden. Benölken bezieht sich hier auf Pudel und Westenhöfer, die sagen, „(…) dass nicht alle Über-.
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Ina Rothe

Adipositas von Kindern und Jugendlichen Einfluss des sozioökonomischen Wandels in der Gesellschaft auf das Gesundheitsverhalten

Diplomica Verlag

Ina Rothe Adipositas von Kindern und Jugendlichen Einfluss des sozioökonomischen Wandels in der Gesellschaft auf das Gesundheitsverhalten ISBN: 978-3-8366-2579-1 Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2009

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Inhaltsverzeichnis 1 Prolog...................................................................................................................................... 3 2 Adipositas als Krankheit ...................................................................................................... 5 2.1 Definitorische Vorklärung................................................................................................ 5 2.2 Diagnostik und Klassifikation (nach ICD 10).................................................................. 7 2.2.1 Medizinische Folgen ................................................................................................. 8 2.2.2 Psychosoziale gesundheitliche Folgen .................................................................... 10 2.3 Risikofaktoren der Adipositas im Kindes- und Jugendalter........................................... 13 3 Ätiologische Modelle ........................................................................................................... 15 3.1 Genetische, individuelle und biologische Faktoren ....................................................... 15 3.1.1 Positive Energiebilanz............................................................................................. 16 3.1.2 Leptin ...................................................................................................................... 17 3.1.3 Faktoren in der Pränatalphase ................................................................................. 18 3.2 Soziokulturelle Faktoren ................................................................................................ 18 3.2.1 Wandel der Nahrungsgewohnheiten durch den Welthandel ................................... 19 3.2.2 Wandel der Nahrungsgewohnheiten durch die Industrialisierung .......................... 20 3.2.3 Zerfall der Tischgemeinschaft................................................................................. 22 3.2.4 Adipositas und Bestimmungsgrößen des gesundheitlichen Wandels ..................... 24 3.2.5 Veränderung der Medienwelt.................................................................................. 26 4 Mögliche Ursachen und Wechselwirkung von sozial Schwachen und Adipositas ........ 29 4.1 Definition von Armut ..................................................................................................... 30 4.1.1 Ernährungsverhalten in der Armut.......................................................................... 32 4.1.2 Preiswert und gleichzeitig vollwertig einkaufen von Hartz IV? ............................. 35 4.2 Soziales Umfeld der Kinder und Jugendlichen .............................................................. 38 4.2.1 Bewegungsmangel - ein Problem des sozialen Umfeldes? ..................................... 41 4.2.2 Freizeitaktivitäten der Kinder und Jugendlichen aus Armutsstadtteilen................. 42 4.2.3 Umgang mit dem Fernseher nach Sozialschicht ..................................................... 43 4.2.4 Folgen...................................................................................................................... 48 4.3 Fazit................................................................................................................................ 49 5 Prävention ............................................................................................................................ 51 5.1 Bestehende Programme.................................................................................................. 54 5.1.1 Epstein Programm ................................................................................................... 57 5.1.2 Schulungs- und Trainingsprogramme der Arbeitsgemeinschaft „Adipositas im Kindes- und Jugendalter“ (AGA)..................................................................................... 61 5.1.3 Verschiedene Programme von Schulen................................................................... 63 5.2 Welche Aufgaben ergeben sich für das Feld der Sozialarbeit ....................................... 65 5.2.1 Was ist Casemanagement? ...................................................................................... 66 5.2.2 Casemanagement der Familiengesundheitspflege .................................................. 66 5.2.3 Spezielle Gesundheitsförderung für sozial benachteiligte Familien ....................... 67 6 Epilog.................................................................................................................................... 69 7 Literaturliste ........................................................................................................................ 71

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1 Prolog Adipositas ist ein ernstes Problem von deutschen Kindern und Jugendlichen. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass jedes vierte Kind von dieser Krankheit betroffen ist. Dieses Thema ist in aller Munde, die Industrie und die Öffentlichkeit reagieren endlich. Neuerdings laufen einfallsreich gestaltete Werbespots - „Hallo Mamis, hallo Papis hört mal zu …“ - für „Fruchtzwerge“ - Kinderjogurt, ohne Kristallzucker, oder man verkauft den Kindern frisches Obst als „cool“. Renate Künast (Die Grünen) hat sich dem Projekt „Fit Kids“ verschrieben und nachdrücklich darauf hingewiesen, dass dringend etwas gegen Adipositas im Kindes- und Jugendalter unternommen werden muss. Als Erzieherin und Sozialpädagogin bin ich mir über das Essverhalten unserer „Schützlinge“ durchaus bewusst. Wenn es sich um Müsli, Gemüse oder Obst handelt, wird die Mahlzeit nicht gegessen, ja nicht einmal probiert. „Ich habe keinen Hunger“, heißt es dann. Doch die betreffenden Kinder sind schon leicht übergewichtig. Im Kinderladen oder im Kindergarten essen sie, wenn sie Pech haben, den ganzen Tag nichts, doch werden sie meist mit einem Croissant oder Ähnlichem abgeholt, was sie gleich auf der Straße verschlingen. Man bekommt den Eindruck, dass dieses Verhalten von den Eltern unterstützt bzw. mit der Aussage erklärt wird: „Ich bin ja froh, wenn es überhaupt etwas isst“. Im zweiten Kapitel wird die Krankheit Adipositas genau beschrieben und definiert. Es wird auf die medizinischen und auf den psychosozialen gesundheitlichen Folgen eingegangen. Gleichfalls wird von den Risikofaktoren der Adipositas im Kindes- und Jugendalter berichtet. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, was die Ursachen der Adipositas sein könnten. Insbesondere sollen hier sowohl die genetischen und biologischen als auch die soziokulturellen Faktoren Aufschluss geben. Ich gebe einen kurzen Rückblick auf den Wandel der Nahrungsgewohnheiten und der Umwelt von Kindern und Jugendlichen. Zugleich wird auch die Veränderung im Umgang mit den Medien beschrieben. Meiner Meinung nach hat die Industrialisierung zu dem Problem Adipositas beigetragen. Denn durch die Industrialisierung kann jeder alles essen. Der moderne Mensch braucht keine geregelte „Mahlzeit“ mehr. Dank Imbissstuben und Bäcker kann überall und immer gegessen werden. Man braucht nicht einmal Hunger zu haben, der Duft des Essens reicht meistens schon aus, um ein leichtes Hungergefühl auszulösen. 3

Es stellt sich für mich die Frage, ob es einen Unterschied im Ernährungsverhalten in den Sozialschichten gibt. Zugleich wäre auch interessant, zu erörtern, ob Übergewicht bzw. Adipositas nur ein Phänomen der armen Bevölkerung ist. Im vierten Kapitel werden diese Fragen anhand von Studien und Grafiken untersucht und beantwortet. Das vierte Kapitel beschäftigt sich auch mit der Frage, wie die Kinder und Jugendlichen ihre Freizeit gestalten. Ein Hauptaugenmerk wird hierbei auf das Medium Fernseher gerichtet. Augenscheinlich bietet die heutige Unterhaltungsindustrie viel mehr Attraktivität für die Kinder und Jugendlichen, als hinauszugehen oder sich mit Freunden irgendwo außerhalb der Wohnung zu treffen. Ebenfalls werden hierzu verschiedene Stichproben herangezogen, um die gemachten Aussagen zu unterstützen. Das fünfte Kapitel gibt über mögliche Präventionsmaßnahmen Aufschluss. Es werden unterschiedliche Programme und Projekte aufgezählt, um zu verdeutlichen, wie sich verschiedene Komponenten, wie Individuum, Familie, Ernährung, Bewegung und Umwelt, miteinander verbinden lassen. Zum Schluss des Kapitels werden noch einige Aufgabenbereiche der Sozialarbeit aufgezählt. Da die vorliegende Arbeit einen eine Einführung darstellt und den Leser einen Überblick vermitteln soll, wurde hier nur auf wenige Möglichkeiten genauer eingegangen.

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2 Adipositas als Krankheit Adipositas bei Kindern und Jugendlichen bezeichnet die Weltgesundheitsorganisation „als eine Besorgnis erregende Epidemie und verweist auf eine Schätzung, die bereits 1990 eine Zahl von 18 Mio. Kindern, die jünger als fünf Jahre alt sind, als übergewichtig einstufte“.1 Es besteht nach Wirth (2000) ein Zusammenhang zwischen Adipositas und Übergewicht, der in den Industriestaaten eine steigende Prävalenz aufweist. Deutschland nimmt im internationalen Vergleich einen der oberen Ränge ein. Zu einem ebenfalls verbreiteten Phänomen sind Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen geworden. Den Angaben der AG Adipositas im Kindes- und Jugendalter (2000) zufolge sind 10 bis 20 % aller Schulkinder und Jugendlichen übergewichtig. Die Anzahl der extrem adipösen Menschen und das Ausmaß der Adipositas steigen erheblich. Da ein hohes Risiko besteht, dass eine Kindheitsadipositas bis in das Erwachsenenalter bestehen bleibt, ist die frühe Erkrankung besonders gefährdend. Adipositas ist ein äußerst wichtiges klinisches Problem. Die Krankheit ist verbunden mit einem erhöhten Morbiditätsrisiko, worauf ich später noch genauer eingehen werde, und mit einer verminderten Lebenserwartung.

2.1 Definitorische Vorklärung Seit dem 20. Jahrhundert verwendet man in wissenschaftlichen Veröffentlichungen den Begriff Fettsucht, um eine übermäßige Körperfülle, hervorgerufen durch einen erhöhten Fettanteil, zu beschreiben. Mitte des 20. Jahrhunderts führte man den Begriff Adipositas in die wissenschaftliche Diskussion ein, um der Thematik eine Wertneutralität und Sachlichkeit zu geben. Laut Onmede ist Adipositas eine chronische Krankheit, die mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität einhergeht und zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann.2 Eine weitere Definition der Adipositas fand ich auf der Internetseite von ARTE: Adipositas ist eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts, das zur Erhöhung des Körpergewichts führt.3 1

M. Zielke, N. Mark, S. 99-106 (120 Jg.- Originalien Nr. IV/2002) vgl. www.onmedAdipositasde/krankheiten/übergewicht.html 3 vgl. www.arte-tv.com/de/wissen-entdeckung/Gesundheit/fett.html. 2

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Die Adipositas ist stets vom Übergewicht zu unterscheiden: „Adipositas bezeichnet eine Erhöhung des Körpergewichts durch eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfettanteiles am Gesamtgewicht, die mit einer gesundheitlichen Gefährdung einhergeht“.4 Jedoch versteht man unter dem Begriff Übergewicht insgesamt die Fettmasse, Muskelmasse und die Wassermasse. Man kann also bei übergewichtigen Menschen nicht automatisch davon ausgehen, dass sie fettleibig sind. So würde ein stark muskulöser Mensch als übergewichtig gelten, wenn sein Gewicht über der Vergleichsnorm liegt, aber nicht als adipös, da eine verstärkte Ausbildung der Muskulatur und nicht eine übermäßige Masse aus Fett vorhanden sind.5 Adipositas ist dagegen eine reine Zunahme des Körperfetts durch eine über das Normalmaß hinaus erhöhte Nahrungszufuhr - somit ist also grundlegend zwischen Übergewicht und Adipositas zu unterscheiden. Benölken bezieht sich hier auf Pudel und Westenhöfer, die sagen, „(…) dass nicht alle Übergewichtigen adipös sind, aber alle Adipösen übergewichtig sind“. Sie kommt zu der logischen Schlussfolgerung, dass „(…) gleichzeitig gilt: Je höher das Gewicht ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Fettanteil ebenfalls erhöht ist“.6 Möchte man Adipositas statistisch definieren, so „(…) wird Adipositas mit einer Körpermasse gleichgesetzt, die von einem Durchschnittswert durch Überschreiten festgelegter, normativer Grenzwerte abweicht“.7 Damit eine reproduzierbare und kontrollierbare Definition erstellt werden kann, muss die Fettmasse adäquat bestimmt werden. Es gibt verschiedene präzise Methoden, die zur Evaluation der Körperzusammensetzung herangezogen werden können, z. B. Magnetresonanz, die Anwendung des Body-Maß-Index (BMI), der Quetelet-Index, der bei Kindern oft benutzt wird, die Hautfaltenmessung verschiedener Körperpartien und die Berechnung der Oberflächen der Arme anhand von Hautfalten und Armumfang. Auf der Internetseite von Swiss-Paediatrics wurde eine neue Definition bzw. Methode zur Messung des Fettgehalts vorgeschlagen, die die Experten für sinnvoll halten. Ziel dieser Methode ist es, Daten aus verschiedenen Studien miteinander zu vergleichen. „Anhand BMIDaten von über 200.000 Personen (von Geburt bis 25 Jahre) aus Brasilien, England, Hongkong, Holland, Singapur und USA wurden alters- und geschlechtsspezifische „cut-off“ Limiten für die Alter 2-18 festgelegt. Die Basis dafür lieferten die Werte, die bei 18-Jährigen

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M. Benölken, S. 12 vgl. M. Benölken, S. 12 6 M. Benölken, S. 12 7 Laessle, Lehrke, Wurmser, Pirke, S. 3 5

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