abrechnungsstatistiken richtig lesen

Steigerungsfaktoren: Abrechnung von Leistungen > 2,3? Die GOZ ist im Preis seit ihrem Inkrafttreten nur in einzelnen. Bereichen verändert und verbessert ...
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ABRECHNUNGSSTATISTIKEN RICHTIG LESEN Statistische Auswertungen liefern nützliche Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Praxis. Sie präsentieren Ergebnisse und Vergleiche, die zum Umdenken anregen. Zwar liefern sie keine Lösungen, zeigen aber durchaus Verbesserungsmöglichkeiten auf. | CHRISTINE BAUMEISTER-HENNING

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er Umgang mit Zahlen macht zugegebenermaßen nicht jedem gleich viel Spaß. Will man jedoch sein Unternehmen weiterentwickeln, stellen Zahlen und Statistiken zunächst die Ausgangsbasis dar. Und anhand neuer Vorgaben lassen sich dann Ziele für die kommende Zeit, z. B. für ein Jahr, festgelegen. Damit die Beschäftigung mit den notwendigen Daten kein umfangreiches Programm wird, macht es Sinn, solche Statistiken zu benutzen, die aus der Praxis-EDV ohne große Umstände gewonnen werden können. Unser Beitrag stellt beispielhaft einige statistische Auswertungen und deren Erkenntnisgewinn für die Fortentwicklung vor. Einnahmen über die KZV versus Eigenanteile Wertvolles Hilfsmittel zur Standortbestimmung ist das KZBVJahrbuch. Die dort hinterlegten statistischen Daten liefern eine wertvolle Basis, um zunächst einen Branchenvergleich vorzunehmen. Nach KZBV-Jahrbuch 2013 liegt der Anteil der Erträge, die von der KZV gezahlt werden, bei 50,5 Prozent, der Anteil der durch die Patienten direkt geleisteten Zahlungen (inkl. ZE-Eigenanteile) bei 49,5 Prozent. Werden diese Werte in das Verhältnis 78 | Deutscher Ärzte-Verlag | DENTAL MAGAZIN | 2015;33(1)

zu eigenen Werten gesetzt, können daraus wichtige Erkenntnisse abgeleitet werden. KZBV Eigene Werte Abweichung Über KZV vereinnahmt

50,5 % 62,4 %

+ 11,9

Nicht über KZV vereinnahmt

49,5 % 37,6 %

– 11,9

Anteil der Regelversorgungen beim Zahnersatz Werden in der Praxis sehr häufig Regelversorgungen angeboten, kann dies bedeuten, dass die Praxis in einem strukturschwachen Gebiet liegt und die Patienten nicht über die Möglichkeiten verfügen, höhere Eigenanteile zu leisten. Sehr viel häufiger ist es jedoch in der Realität so, dass in einem solchen Fall die Beratungsqualität der Praxis überprüft werden muss. Anteil an außervertraglichen Leistungen bei Kassenpatienten Vertragszahnärztliche Leistungen haben ihre Grenze beim Wirtschaftlichkeitsgebot. Außerdem sind viele moderne Verfahren oder ästhetisch optimierte Versorgungen nicht im Leistungskata-

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log der vertragszahnärztlichen Versorgung enthalten. Um die Fähigkeit des Praxisteams bezüglich des Angebots außervertraglicher Leistungen zu messen, bietet sich der so genannte MKVIndex an. Dabei werden die Füllungsleistungen F1 bis F4 mit den Werten der privat berechneten Kompositfüllungen verglichen.

nicht über die KZV vereinnahmten Honorare unter dem Bundesdurchschnitt liegt, kann dies auch seine Ursache in der Bemessung der Gebühr nach § 5 Abs. 2 GOZ haben. Auch dazu bietet das KZBV-Jahrbuch eine gute Orientierungshilfe. Folgender Vergleich wurde in einer Praxis durchgeführt: Faktor im Durchschnitt

Diese Praxis weist einen unterdurchschnittlichen Einnahmeanteil bei den Patientenzahlungen auf. Aus diesen Werten lassen sich folgende Fragen ableiten:

KZBV

ZA

Teil A

2,35

2,02

Teil B

2,17

1,84

Teil C

2,62

2,14

Teil D

2,52

2,28

Teil E

2,32

2,17

Teil F

2,66

2,24

Teil H

2,49

2,03

Teil J

2,44

2,30

Teil K

2,69

1,98

In dieser Beispielpraxis entfallen auf insgesamt 1.889 Füllungen in einem Jahr nur 515 Füllungen, die nach der GOZ berechnet wurden. Dies entspricht einem Anteil von ca. 27,3 %, das heißt, etwa für jede vierte Füllung wurde mit dem Patienten eine Mehrkostenvereinbarung getroffen. Hier besteht Handlungsbedarf. Das heißt für die Praxis, dass die Beratung über Füllungsalternativen verbessert werden muss. Solange die Praxis in diesem niedrigen Preissegment wenig erfolgreich ist, wird es schwierig, hochwertige (z. B. prothetische Versorgungen) anzubieten. Gerade der Bereich der außervertraglichen Füllungen bietet sich als „Übungsfeld“ für erfolgreiche Patientenberatung an. Eine schnelle Orientierung bietet der leicht zu ermittelnde „MKVIndex“. In diesem Fall wird der Quotient der Mehrkostenvereinbarungen der Praxis ermittelt.

Die oben aufgeführte Tabelle und Grafik macht deutlich, dass die durchschnittlichen Steigerungsfaktoren unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Um diese Werte zu ermitteln, wurden anhand von 30 GOZ-Rechnungen die jeweiligen durchschnittlichen Steigerungsfaktoren der einzelnen Leistungen gemessen und in das Verhältnis zu den KZBV-Zahlen gesetzt. Das Ergebnis zeigt, dass bei der Bemessung der Gebühr zu prüfen ist, ob die erzielten Honorare angemessen im Verhältnis zur Leistung stehen. Fazit aus diesem Vergleich

Ein MKV-Index von 1 bedeutet, dass für jede Füllung eine Mehrkostenvereinbarung getroffen wird.

Steigerungsfaktoren: Abrechnung von Leistungen > 2,3? Die GOZ ist im Preis seit ihrem Inkrafttreten nur in einzelnen Bereichen verändert und verbessert worden. Honorare bis Faktor 2,3 liegen häufig unter BEMA-Niveau. Wenn also der Anteil der

Die Praxis bietet weniger außervertragliche Leistungen an als der Bundesdurchschnitt. Darüber hinaus werden private Leistungen mit einem durchschnittlich niedrigeren Faktor angeboten. Dies kann der Praxisstruktur entsprechen (z. B. bei Praxen mit einkommensschwacher Klientel). Dies kann aber auch darauf hindeuten, dass die Qualität der eigenen Leistungen neu zu bewerten und das Beratungskonzept zu überdenken ist.

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Wirtschaftlichkeitsgebot Die 100-Fall-Statistik ist nicht nur Prüfgrundlage der Krankenkassen für die wirtschaftliche Behandlungsweise des Vertragszahnarztes. Sie liefert auch immer interessante Hinweise, die zur Entwicklung des Praxiskonzepts beitragen.

Unterschied zwischen WK und WF über mehrere Quartale zu beobachten ist, deutet dies auf einen Missstand hin, der zu prüfen ist.

Füllung versus Krone Praxis Dr. M. weist regelmäßig einen überhöhten Anteil an großflächigen Füllungen (F3 und F4) auf. Als dieser Sachverhalt im Teamgespräch zur Sprache kommt, weisen ihn seine Mitarbeiterinnen darauf hin, dass er sehr häufig dem Patientenwunsch nachkommt, es erst einmal noch mit einer Füllung (ohne Zuzahlung) zu versuchen, statt den Zahn zu überkronen. Wenn der Patientenwunsch nach einer kostenfreien Versorgung auch nachvollziehbar ist, so ist zu bedenken, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V nicht nur für Zahnärzte, sondern auch für die Patienten verbindlich ist. § 12 SGB V lautet (Auszug): „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“ Wenn ein Zahn einen so großen Zerstörungsgrad aufweist, dass die Haltbarkeit einer Füllung fraglich ist, dann ist vor dem Hintergrund des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Überkronung angezeigt.

Privat

Wurzelkanalaufbereitung und Wurzelkanalfüllung Die Erfolgsquote orthograder Wurzelkanalbehandlungen liegt bei etwa 80 bis 90 Prozent. Wenn also 100 Wurzelkanäle aufbereitet wurden, sollten davon im Schnitt 80 bis 90 auch abgefüllt werden. Leichte Verzerrungen bei der quartalsweisen Betrachtung ergeben sich daraus, dass u. U. nicht alle aufbereiteten Kanäle im gleichen Quartal auch abgefüllt werden. Wenn allerdings ein größerer

Die Praxis Dr. K. weist über ein Jahr betrachtet eine WF-Quote von ca. 55 Prozent auf. Damit liegt sie unter dem Durchschnitt. In dieser Praxis stellte sich im Beratungsgespräch heraus, dass die Patientenbindung/-rückholquote zu gering war. Die Patienten verließen die Praxis nach eine Wurzelkanalaufbereitung und medikamentöser Einlage ohne Folgetermin. Damit blieb es den Patienten überlassen, sich aktiv um die Weiterbehandlung zu bemühen. Diese „Unverbindlichkeit“ ließ sich auch auf andere Behandlungsbereiche übertragen. Auf Nachfrage wurde bestätigt, dass die Patienten auch nach Erstellung von Therapie- oder Heil- und Kostenplänen (ZE) die Praxis ohne Folgetermin verließen. Ein System zur aktiven Auftragsverfolgung existierte nicht. In der Beratungssitzung wurde darauf beschlossen, dass Patienten die Praxis immer mit Folgetermin verlassen sollten. Diese Maßnahme wurde erfolgreich umgesetzt. In der Folge verbesserte sich zum einen die Abfüllrate der Wurzelkanäle, und darüber hinaus auch die Quote der realisierten Therapiepläne. Fazit: Die dem Zahnarzt zur Verfügung stehenden statistischen Daten lassen sich umfangreich auswerten. Sie bieten wertvolle Hilfestellung, wenn es darum geht, die Praxis organisatorisch und wirtschaftlich weiterzuentwickeln. Es lohnt sich also, sich mit Zahlen zu beschäftigen.

CHRISTINE BAUMEISTER-HENNING ist seit 1982 im Praxismanagement aktiv und zertifizierte Z-PMS-Moderatorin, Business-, Team- und Konfliktcoach, Sachverständige für Gebührenrecht. Kontakt: [email protected]

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