387 - Bundestag DIP - Deutscher Bundestag

29.01.2014 - Saarland. Saarländisches Grundwasserentnahmeentgeltgesetz, §§ 1 bis 11, Fassung vom 12. 3. 2008, zuletzt geändert am 16. 7. 2012.
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Deutscher Bundestag

Drucksache

18. Wahlperiode

18/387 29.01.2014

Antwort der Bundesregierung

auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Ralph Lenkert, Dr. Kirsten Tackmann, Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/275 –

Auswirkungen von Wasserkraftanlagen mit bis zu 1 MW Leistung

Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Bis zum 22. Dezember 2015 soll gemäß der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie – WRRL) ein guter ökologischer und chemischer Zustand der oberirdischen Gewässer erreicht sein (Artikel 4 Absatz 1a WRRL). Nach jetzigem Stand erreichen 62 Prozent der Fließgewässer den in der WRRL geforderten guten Zustand bis zum Jahr 2015 nicht, bei weiteren 26 Prozent „bestehen noch Unsicherheiten“ (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – BMU, Stand: Februar 2008: „Die Nutzung der kleinen Wasserkraft in Deutschland im Spannungsfeld von Klima-, Natur- und Gewässerschutz“). Ändert sich die „Umsetzungspraxis“ der WRRL in Deutschland nicht, „werden die WRRL-Ziele auch 2027 nicht erreicht. Damit droht Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren der EU“ (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. – BUND 2012: „Neue BUND-Studie prüft Ausbau von Bundeswasserstraßen“). Neben dem Wasserhaushalt und der Morphologie ist die Durchgängigkeit einer der wesentlichen hydromorphologischen Komponenten zur Gewährleistung eines guten ökologischen Zustands der Fließgewässer (Anhang V 1.1.1 WRRL). Diese wird vor allem durch Querbauwerke, die die gesamte Gewässerbreite umfassen, beeinträchtigt. Nicht nur die Tierwanderung, sondern auch der Geschiebetransport – sprich: die biologische und die morphologische Durchgängigkeit – werden dadurch beeinträchtigt. Eine Nutzungsform dieser Querbauwerke ist die Stromgewinnung aus Wasserkraft. Kleinwasserkraftanlagen mit bis zu 1 MW Leistung haben einen Anteil von weniger als 10 Prozent an der Stromgewinnung aus Wasserkraft. Das entspricht etwa 0,3 Prozent des Gesamtstrombedarfs in Deutschland (BUNDPositionen: Zukunftsfähige Energiepolitik). Laut Endbericht des Ingenieurbüros Floecksmühle zum Erfahrungsbericht gemäß § 65 des ErneuerbareEnergien-Gesetzes (EEG) und ersten Ergebnissen des Erfahrungsberichtes werden die „größte installierte Leistung und die höchste Jahresarbeit“ in „der Leistungsklasse 1–5 MW erzielt“. Ebenso kommen die Autorinnen und Auto-

Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 27. Januar 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.

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ren zu der Einschätzung, dass das größte Potenzial für Stromgewinnung aus Wasserkraft in der Leistungssteigerung großer Anlagen liegt (Ulrich Dumont, Rita Keuneke, Ingenieurbüro Floecksmühle, Juni 2011: Vorbereitung und Erstellung des Erfahrungsberichtes 2011 gemäß § 65 EEG, Vorhaben IId Spartenspezifisches Vorhaben Wasserkraft, Endbericht, erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und Rita Keuneke, 14. November 2013: „Erste Ergebnisse aus der Bearbeitung des Erfahrungsberichtes“, Vortrag auf der Jahrestagung 2013 Wasserkraft NRW). Eine weitere Folge der querverbauenden Wasserkraftnutzung ist neben der fehlenden Durchgängigkeit die direkte Gefährdung des Fischbestandes durch laufende Kraftwerksturbinen. Die Saugströmung der Turbine zieht die Fische in der unmittelbaren Umgebung an. Sind die Abstände der Rechenstäbe des Einlaufrechens groß genug, um den Fisch passieren lassen zu können, wird er in die Turbine gesogen und zerstückelt. Zudem verenden viele Fische durch die scharfkantige Oberflächenstruktur der einzelnen Rechen (Dipl.-Biol. Christine Lecour, 2011: „Schädigung von Fischen durch Wasserkraftanlagen“, Vortrag im Rahmen des 26. BWK-Bundeskongresses – BWK = Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau e. V. – vom 22. bis 24. September 2011 in Wernigerode, Leitthema: Wasserwirtschaft und Erneuerbare Energien – Umweltverträgliche Planung, sicherer Betrieb von Anlagen). Die „Wasserkraftnutzung in Deutschland kann nur im Einklang mit den Interessen des Gewässer- und Naturschutzes erfolgen“ (BMU, Februar 2008: „Die Nutzung der kleinen Wasserkraft in Deutschland im Spannungsfeld von Klima-, Natur- und Gewässerschutz“). 1. Wie viele Querbauwerke sind in Deutschland noch vorhanden, und wie viele davon werden zur Stromgewinnung aus Wasserkraft genutzt (bitte flussgebietsbezogen gemäß § 7 des Wasserhaushaltsgesetzes – WHG – nach Gewässern 1. und 2. Ordnung und nach Leistung auflisten)?

Die von den Bundesländern kartierten Querbauwerke wurden im Jahr 2005 im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens des Umweltbundesamtes (UBA) erfasst. Zum damaligen Zeitpunkt betrug die Anzahl ca. 55 000 Querbauwerke. Zwischenzeitlich wurden weitere Gewässerstrecken kartiert. Die aktuelle Zahl der Querbauwerke ist der Bundesregierung allerdings nicht bekannt. 2. Wie viele dieser wasserbaulichen Anlagen werden als durchgängig flussaufwärts und flussabwärts geführt (bitte flussgebietsbezogen nach Gewässern 1. und 2. Ordnung getrennt nach Auf- und Abstieg auflisten und den biologischen und morphologischen Funktionsnachweis durch Monitoring mit ja oder nein vermerken)?

Die Erfassung der wasserbaulichen Anlagen und die Bewertung ihrer Durchgängigkeit obliegen den Ländern. Der Bundesregierung liegt keine Bewertung der Durchgängigkeit der Bauwerke in den Gewässern 1. und 2. Ordnung vor. 3. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um die Durchgängigkeit der verbleibenden Bauwerke im Sinne von Anhang V 1.1.1 WRRL herzustellen?

Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ist seit März 2010 zuständig für die Erhaltung und Wiederherstellung der Durchgängigkeit an den von ihr errichteten oder betriebenen Stauanlagen der Bundeswasserstraßen, soweit es die Ziele der WRRL erfordern. Seitdem wurden umfangreiche Planungen und Abstimmungen seitens des Bundes auf den Weg gebracht, um die erforderlichen Maßnahmen an den Bundeswasserstraßen WRRL-konform umzusetzen. Für die Herstellung der Durchgängigkeit aller anderen Bauwerke im Sinne des Anhangs V 1.1.1. zur WRRL liegt die Zuständigkeit bei den Ländern.

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4. Wie schätzt die Bundesregierung die Bedeutung von Querverbauungen und Wasserkraftanlagen in Bezug auf die Erreichung des guten ökologischen Zustandes im Sinne der WRRL und auf die Biodiversität der Fließgewässer ein?

Die Auswirkungen von Querbauwerken auf die biologische und die morphodynamische Durchgängigkeit und die Biodiversität können erheblich sein. Die Wasserkraftnutzung beeinträchtigt zusätzlich den Fischabstieg. In Deutschland weisen derzeit nur 10 Prozent der Fließgewässerwasserkörper den „sehr guten“ oder den „guten ökologischen Zustand“ auf. Dass dieser Anteil gering ausfällt, wird zum großen Teil auf die hydromorphologische Degradation (Gewässerverbau) zurückgeführt. 5. Ist die Bundesregierung bereit, Forschungen zu Auswirkungen der Wasserkraft bzw. deren Auswirkung auf die Biodiversität der Fließgewässer finanziell zu unterstützen?

Die Auswirkungen der Wasserkraftnutzung auf die Biodiversität und den Gewässerzustand sind Inhalt mehrerer Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und seiner nachgeordneten Behörden. 6. Wie viele Wasserkraftanlagen sind seit Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 und der damit differenzierten Vergütungssätze neu entstanden, und bei wie vielen davon wurden neue Querverbauungen errichtet (bitte nach Jahreszahlen und Bundesländern sortiert auflisten)?

Die Angaben in der folgenden Tabelle basieren auf den EEG-Stammdaten. Darin ist eine Aufschlüsselung nach Neuanlagen und modernisierten Anlagen erst seit dem Jahr 2012 möglich. Für das Jahr 2013 liegen der Bundesregierung noch keine Daten vor. Jahr

Neuanlagen

Modernisierte Anlagen

Gesamt

2000

Keine Angabe

Keine Angabe

3 914

2001

Keine Angabe

Keine Angabe

1 316

2002

Keine Angabe

Keine Angabe

92

2003

Keine Angabe

Keine Angabe

149

2004

Keine Angabe

Keine Angabe

227

2005

Keine Angabe

Keine Angabe

267

2006

Keine Angabe

Keine Angabe

248

2007

Keine Angabe

Keine Angabe

296

2008

Keine Angabe

Keine Angabe

128

2009

Keine Angabe

Keine Angabe

620

2010

Keine Angabe

Keine Angabe

198

2011

Keine Angabe

Keine Angabe

180

2012

73

208

281

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Informationen über die Errichtung neuer Querbauwerke in Verbindung mit diesen Anlagen sowie zur Aufteilung dieser Anlagen auf die einzelnen Bundesländer liegen der Bundesregierung nicht vor. 7. Wie viele Wasserkraftwerke wurden seit Inkrafttreten des EEG mit einer Steigerung der Leistungsfähigkeit modernisiert (bitte nach Jahreszahlen und flussgebietsbezogen § 7 WHG nach Gewässern 1. und 2. Ordnung sortiert auflisten)?

Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Informationen über die Aufteilung der dort gelisteten Anlagen auf Gewässer 1. und 2. Ordnung liegen der Bundesregierung nicht vor. 8. An welchen Querbauwerken wurde seit dem Jahr 2000 mit der Reaktivierung oder Modernisierung von Wasserkraftanlagen das Stauziel erhöht, und bei wie vielen Flusskilometern wurde dadurch der Rückstau verlängert (bitte nach Jahreszahlen und flussgebietsbezogen gemäß § 7 WHG aufgeteilt in Gewässern 1. und 2. Ordnung auflisten)?

Entscheidungen über Stauzielerhöhungen obliegen den zuständigen Behörden der Länder. Der Bundesregierung liegen dazu keine Angaben vor. 9. Wie ist die Beschaffenheit der Einlaufrechen (bezüglich Stababstände, Kantenabrundung etc.), die den Turbinen vorgeschaltet sind, genau geregelt?

Über die Beschaffenheit der Stababstände entscheiden die zuständigen Behörden der Länder. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 10. Welche Erfahrungen gibt es bundesweit bezüglich der Horizontalstellung der Rechen nach Oppermann (Reinhard Hassinger „Neuartiger Fisch schonender Rechen für Wasserkraftanlagen“, Uni Kassel, Versuchsanstalt und Prüfstelle für Umwelttechnik und Wasserbau) und den „HorizontalLeitrechen Bypass System“ nach Ebel Gluch und Kehl (2001) (Dr. Guntram Ebel, 2013: „Fischschutz und Fischabstieg an Wasserkraftanlagen“ im Handbuch Rechen- und Bypasssysteme) in Hinsicht auf Fischletalität und Säuberungsleistung im Vergleich zur üblichen Vertikalstellung der Rechen?

Erfahrungen im Betrieb von Horizontalrechen (EBEL 2013) deuten auf geringe Rechenverluste durch horizontale Stabausrichtung, partielle Selbstreinigung des Rechens durch tangentialen Strömungsvektor und minimale Treibgutentsorgungskosten durch effektive Treibgutweiterleitung ins Unterwasser und vorteilhafte Eigenschaften im Winterbetrieb durch erleichterten Transport von Eisschollen entlang der schräg exponierten Rechenfläche hin. Dem System werden vorteilhafte biologische und technische Eigenschaften beschieden. Es ist an neuen und bestehenden Wasserkraftanlagen gleichermaßen einsetzbar. In Abhängigkeit von der gewählten Stabweite und der Anströmgeschwindigkeit und weiterer standörtlichen Bemessungsgrundlagen können sowohl Horizontalrechen als auch Vertikalrechen einen wirksamen Schutz vor dem Eindringen von Fischen in die Turbine bieten. Praxisbeispiele für Horizontalrechen werden in Ebel (2013) „Fischschutz und Fischabstieg an Wasserkraftanlagen – Handbuch Rechen- und Bypasssysteme“ genannt. Vielversprechende Ergebnisse werden durch den Einsatz schräg angeordneter Rechen erreicht.

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11. Wie gedenkt die Bundesregierung, den Fischschutz und damit die Voraussetzung für die Abwärtsdurchgängigkeit an bestehenden Wasserkraftanlagen dem Stand des Wissens, der sich heute durch ingenieurbiologisch optimierte Bypässe an Horizontalrechen festmacht, anzupassen? Ist eine verpflichtende bundesweite Einführung entsprechender Rechen für neue Wasserkraftanlagen geplant?

Entscheidungen über geeignete Anlagen zum Schutz der Fische treffen die zuständigen Behörden der Länder. Die Bundesregierung unterstützt die Länder z. B. durch das Forschungsvorhaben des Umweltbundesamtes „Forum Fischschutz und Fischabstieg“, in dem auch Informationen über geeignete Fischabstiege zusammengetragen werden. Eine verpflichtende bundesweite Einführung bestimmter Rechentypen ist nicht geplant. 12. Wie genau und in welchen zeitlichen Abständen wird die Einhaltung folgender Vorgaben bei querverbauenden Wasserkraftanlagen überprüft: ● Mindestwasserführung, ● Durchgängigkeit, ● Gewährleistung natürlicher und schadloser Abflussverhältnisse, die im WHG (§§ 33 bis 35 und § 6 Absatz 1, aktuelle Fassung, letzte Änderung vom 7. August 2013) und im EEG (§ 23 Absatz 4, aktuelle Fassung, letzte Änderung vom 20. Dezember 2012) geregelt sind?

Die Überwachung der Einhaltung von Vorgaben erfolgt durch die zuständigen Behörden der Länder. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Angaben vor. 13. Wie viele automatisch regelnde Restwassersteuerungen sind vorhanden (bitte flussgebietsbezogen gemäß § 7 WHG aufgeteilt in Gewässern 1. und 2. Ordnung auflisten)?

Der Bundesregierung liegen hierzu keine Angaben vor. 14. Wie viele Ausleitungs-Wasserkraftstandorte verfügen zur Vermeidung von Sackgasseneffekten über Fischaufstiege in der Restwasserstrecke und dem Kraftwerks- oder Mühlgraben (bitte flussgebietsbezogen gemäß § 7 WHG aufgeteilt in Gewässern 1. und 2. Ordnung auflisten)?

Der Bundesregierung liegen hierzu keine Angaben vor. 15. Durch welche Maßnahmen verhindert die Bundesregierung den Schwallund Sunkbetrieb von Wasserkraftwerken, der mit seinen abrupten Wasserstandsänderungen die Lebensräume im Fluss und am Ufersaum schädigt (BUND, Mai 2011: „BUND-Vision für Flusslandschaften in Deutschland“)?

Für die Festlegung von Schutzmaßnahmen gegen den Schwall- und Sunkbetrieb sind die zuständigen Behörden der Länder verantwortlich. Der Bundesregierung liegen dazu keine Angaben vor.

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16. Mit welchen Sanktionen müssen Wasserkraftanlagenbetreiber rechnen, wenn die vorgeschriebene Restwassermenge unterschritten wird? Sind der Bundesregierung Fälle von Unterschreitungen der Restwassermenge bekannt, und wie wurde bei diesen reagiert?

Für die Einhaltung der Genehmigungsanforderungen sind die zuständigen Behörden der Länder verantwortlich. Diese entscheiden auch über die Folgen der Nichteinhaltung von Auflagen. Der Bundesregierung liegen hierzu keine näheren Angaben vor. 17. Werden für die Herstellung der Durchgängigkeit mit einer ökologisch ausreichenden Restwassermenge die Empfehlungen der LAWA (Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser) (LAWA, Juli 2001: „Empfehlungen zur Ermittlung von Mindestabflüssen in Ausleitungsstrecken von Wasserkraftanlagen und zur Festsetzung im wasserrechtlichen Vollzug“) angewendet? Falls ja, wo? Falls nein, warum nicht?

Auf die Antwort zu Frage 19 wird verwiesen. 18. Gibt es für die Restwassermenge eine Minimalbeschränkung des Volumenstroms (Abflussmenge in m3/s) oder in Prozentanteilen zur durchschnittlichen Abflussmenge des Gewässers? Wie hoch ist diese?

Auf die Antwort zu Frage 19 wird verwiesen. 19. Bei wie viel Prozent der Anlagen werden geringere Restwassermengen oder solche ohne Abflussdynamisierung innerhalb der Laich- und Entwicklungsphasen zugelassen? Mit welcher Begründung?

Die Festlegung einer ausreichenden Mindestwassermenge ist Aufgabe der Länder. Nach Kenntnis der Bundesregierung orientieren sich viele Länder an den LAWA-Empfehlungen. Die Entscheidung über die geeignete Mindestwassermenge ist aber immer auch eine Einzelfallentscheidung, die sich an den jeweiligen örtlichen Bedingungen orientiert. Über die einzelnen Anlagen liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 20. Wer trägt die Kosten in welcher Höhe für den Umweltgutachter bzw. für die Umweltgutachterin, der oder die neben der zuständigen Wasserbehörde gemäß § 23 Absatz 4 Satz 2 EEG für den Nachweis eines guten ökologischen Gewässerzustands bei der Entstehung oder Erweiterung einer Wasserkraftanlage herangezogen werden kann?

Der Umweltgutachter wird aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages mit dem Anlagenbetreiber tätig. Dieser trägt die Kosten des Umweltgutachters zu 100 Prozent.

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21. Wie ist bei der Übernahme der Kosten durch den Anlagenbetreiber eine Parteilichkeit des Umweltgutachters oder der Umweltgutachterin auszuschließen?

Die Frage der Bezahlung des Umweltgutachters durch den Anlagenbetreiber ist keine EEG-spezifische Fragestellung, sondern ist ein Grundsatz der Entlohnung von Prüftätigkeiten durch nicht öffentliche Stellen. Diese Prüftätigkeiten werden üblicherweise vom zu prüfenden Vertragspartner bezahlt. Im Übrigen hat der Umweltgutachter ein Anrecht auf Bezahlung unabhängig davon, ob er zugunsten oder zulasten des Anlagenbetreibers entscheidet. Er unterliegt insoweit auch keinem wirtschaftlichen Druck, der sein Urteil beeinflussen könnte. Die Unparteilichkeit des Umweltgutachters wird auch bereits dadurch gesichert, dass eine Verbindung von umweltgutachterlichen Prüfleistungen und sonstigen Beratungsleistungen durch Auflagen im Zulassungsbescheid des Umweltgutachters ausgeschlossen wird. Dadurch wird gewährleistet, dass ein Umweltgutachter die Wasserkraftanlage unbefangen begutachtet und sich nicht aufgrund einer bestehenden geschäftlichen Verbindung zu Gefälligkeitsgutachten verleiten lässt. Eine Überwachung der Unparteilichkeit des Umweltgutachters erfolgt im Rahmen der Aufsicht durch die DAU – Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter mbH als zuständige Zulassungsstelle. Neben der alle 24 Monate stattfindenden Regelaufsicht (§ 15 Absatz 1 des Umweltauditgesetzes – UAG ), wird die Zulassungsstelle auch im Rahmen der Anlassaufsicht (§ 15 Absatz 4 UAG i. V. m. Nummer 2.3 der UAG-Aufsichtsrichtlinie) tätig, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Unparteilichkeit des Umweltgutachters nicht gewährleistet war. Bei einem Verstoß gegen die Unparteilichkeit kann die Zulassungsstelle durch Verwaltungsakt u. a. gegenüber dem Umweltgutachter anordnen, das Gutachten zurückzuziehen und für ungültig zu erklären. 22. Welche fachliche Qualifikation muss der Umweltgutachter bzw. die Umweltgutachterin für die Beurteilung der Beibehaltung oder Verbesserung des ökologischen Gewässerzustands beim Bau oder Ausbau einer Wasserkraftanlage (WKA) besitzen?

Ein Umweltgutachter muss gemäß den §§ 4 ff. UAG zuverlässig, unabhängig und fachkundig sein. Im Bereich der Fachkunde sind die Qualifikationsanforderungen in § 7 Absatz 2 Nummer 2 UAG und der dazugehörigen UAG-Fachkunderichtlinie festgelegt. Die Zulassung als Umweltgutachter erfolgt branchenbezogen. Letzteres wird konkretisiert in den Zulassungsbereichen im Anhang zur UAG-Zulassungsverfahrensverordnung, welche auf der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 des Statistischen Bundesamtes beruhen. Für eine Begutachtung nach § 23 EEG ist eine Zulassung für den Bereich 35.11.7 – Elektrizitätserzeugung aus Wasserkraft mit und ohne Fremdbezug zur Verteilung – erforderlich. Die spezifischen Kenntnisse dazu stellt Abschnitt II der UAG-Fachkunderichtlinie dar (Bundesanzeiger Nr. 45 vom 23. März 2010, S. 96 f.). Diese Fachkunde wird im Zulassungsverfahren im Anschluss an eine Überprüfung der Berufsbildung und -erfahrung in einer mündlichen Prüfung überprüft, welche von einer Prüfungskommission aus externen Sachverständigen durchgeführt wird. Nach erfolgter Zulassung muss die Fachkunde durch regelmäßig durchzuführende Weiterbildungen des Umweltgutachters (§ 15 Absatz 7 UAG) aufrechterhalten werden. Dies wird durch die genannte Regelaufsicht überprüft.

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23. Erfolgt nach Beurteilung der WKA durch den Umweltgutachter bzw. die Umweltgutachterin eine Nachprüfung durch die zuständige Wasser- und Fachbehörde?

Seit dem Inkrafttreten des EEG 2012 ist gemäß § 23 Absatz 4 EEG festgelegt, dass das Gutachten des Umweltgutachters durch die zuständige Wasserbehörde bestätigt werden muss. Aufgrund der Übergangsregelung in § 66 Absatz 14 EEG war bis zum 31. Dezember 2013 eine Überprüfung durch die zuständige Wasserbehörde nicht zwingend. Ob alle vorgelegten Gutachten im Einzelfall durch die jeweilige Wasserbehörde nachgeprüft werden, ist nicht im Detail bekannt. Soweit die in § 23 Absatz 4 EEG genannte Frist zur Versagung der Zustimmung durch die Behörde unbeabsichtigt nicht eingehalten wird, tritt eine Genehmigungsfiktion ein. 24. Erfolgen die Begutachtungen ausschließlich nach Aktenlage oder sind Vor-Ort-Termine zwingend vorgesehen?

Für die Begutachtung durch den Umweltgutachter ist zwingend eine ausführliche Prüfung am Anlagenstandort vorgesehen. 25. Trifft die Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD („Wasserkraftanlagen und Wasserrahmenrichtlinie“, Landtagsdrucksache 15/606), dass die Wasserbehörden bisher von der Begutachtung durch einen Umweltgutachter und dem Gutachten nur zufällig Kenntnis erhalten“, und dass sie weder „ein eigenes Informationsrecht“ noch die Entscheidung haben, „ob die erhöhte Einspeisevergütung zu Recht bezahlt wird oder können diese aberkennen“, nach Informationen der Bundesregierung zu?

Dies traf für die Vergangenheit zu. Mit der EEG-Änderung zum 1. Januar 2012 bedarf das Gutachten einer Bestätigung durch die zuständige Wasserbehörde. Nach Ablauf der Übergangsfrist zum 31. Dezember 2013 ist diese Vorschrift nun zwingend anzuwenden (siehe auch Antwort zu Frage 23). 26. Unterstützt die Bundesregierung die Forderung verschiedener Umweltund Anglerverbände, vorhandene und geplante Wasserkraftwerke durch ökologische Gutachten auf ihre Verträglichkeit mit den Zielen der WRRL zu prüfen?

Die Bundesregierung weist darauf hin, dass nach § 35 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) die Nutzung der Wasserkraft nur zugelassen werden darf, wenn auch geeignete Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulation ergriffen werden. Verfügen vorhandene Wasserkraftnutzungen nicht über einen geeigneten Fischschutz, so sind die erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen durchzuführen. 27. Ist die Bundesregierung bereit, im Falle einer Unverträglichkeit vorhandener Querbauwerke mit und ohne Wasserkraftnutzung mit den Zielen einschlägiger Richtlinien und Gesetze (WRRL, WHG) und dem Fehlen eines übergeordneten örtlichen öffentlichen Interesses, die erforderlichen Maßnahmen einschließlich Rückbau der Bauwerke zur Erreichung der vorgegebenen Zielstellung (guter ökologischer Zustand bis spätestens 2027) zu ergreifen?

Auf die Antwort zu Frage 28 wird verwiesen.

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28. Wenn ja, welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die ökologische Gewässerqualität nach WRRL-Vorgaben zu sichern bzw. zu verbessern?

Für Maßnahmen zur Verbesserung des Gewässerzustandes sind die Länder zuständig. 29. Ist aus Sicht der Bundesregierung für die Erfüllung der Vorgabe der Durchgängigkeit nach § 34 WHG eine einseitige fischbiologische Durchgängigkeit ausreichend, oder muss eine Passierbarkeit des Querbauwerks flussauf- und flussabwärts gegeben sein?

Die Durchgängigkeit im Sinne von § 34 WHG bezieht sich auf eine flussaufund -abwärts gerichtete Passierbarkeit. 30. Welche Kenntnisse gibt es über die jährliche Menge geschädigter oder toter Tiere, die in Wasserkraftwerksanlagen jedes Jahr abgefischt werden (bitte in Tonnen nach Flussgebietseinheiten gemäß § 7 WHG in Gewässern 1. und 2. Ordnung auflisten)?

Punktuelle Aussagen bzw. Schätzungen sind beispielsweise für den Aal im Umsetzungsbericht zu den Aalbewirtschaftungsplänen nach der Verordnung (EG) Nr. 1100/2007 dargestellt. Die Aussagen wurden anhand von Annahmen für mittlere Sterblichkeiten an Wasserkraftanlagen geschätzt und betreffen jeweils die gesamte Flussgebietseinheit (bzw. die als Aalhabitate eingeschätzten Gebiete). Angaben für die Sterblichkeit von Aalen an Wasserkraftanlagen im Jahr 2010 (Quelle: Umsetzungsbericht 2012 zu den Aalbewirtschaftungsplänen der deutschen Länder 2008): Eider:

12 t.

Elbe:

43 t.

Ems:

5 t.

Maas:

< 1 t.

Oder:

< 1 t.

Rhein:

129 t.

Schlei/Trave: Warnow/Peene: Weser:

23 t. < 1 t. 70 t.

Insgesamt wurde die Biomasse getöteter Aale auf 283 t geschätzt. 31. Wie viel Prozent dieser Tiere kommen durch die Kraftwerksturbinen zu Tode, und wie schätzt die Bundesregierung die Bedeutung dieser Zahl für den Arterhalt ein?

Der Bundesregierung liegen keine Daten zur jährlichen Menge der in Wasserkraftwerksanlagen letal verletzten Tiere vor. Das Schädigungspotenzial von Wasserkraftanlagen ist für Fische bis zu einer Körperlänge von ca. 10 cm ausreichend dokumentiert und kann kumulativ über viele Wasserkraftanlagen insbesondere auf den Wanderrouten diadromer Arten den Arterhalt gefährden.

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32. Ist der Bundesregierung eine Erhebung bekannt, welcher Turbinentyp die höchsten Verluste bei wanderenden Tierarten verursacht?

Es ist davon auszugehen, dass das Schädigungspotenzial von Pelton-Turbinen bei 100 Prozent liegt. Auch Durchströmturbinen (Ossberger-Turbinen) verursachen besonders hohe Sterblichkeiten. Francis-Turbinen gelten häufig als deutlich gefährlicher als Kaplan-Turbinen, was allerdings vor allem darauf zurückzuführen ist, dass Francis-Turbinen meist bei größeren Fallhöhen betrieben werden. Bei allen anderen Turbinentypen ist das Schädigungspotenzial standortspezifisch zu beurteilen und hängt von biologischen, technischen und physikalischen Faktoren ab. Darüber hinaus beeinflusst das Betriebsregime bzw. die Betriebsweise der Wasserkraftanlagen in Kombination mit den Wanderzeiten der Arten die standortspezifische Schädigungsrate. Je nach Stauhöhe verursachen große, langsam drehende Turbinen allgemein deutlich geringere Schäden als kleine, schnell drehende Turbinen. Das Verhältnis des Turbinendurchflusses zum Abfluss im Gewässer hat eine maßgebliche Bedeutung für die Schädigung von Fischen am Kraftwerk. 33. Ist der Bundesregierung weiterhin bekannt, welche Tierarten besonders vom Tod in Wasserkraftwerksturbinen betroffen sind?

Die Abhängigkeit der Schädigungsrate von der Fischlänge wurde sowohl theoretisch begründet als auch in der Praxis gezeigt. Deshalb sind Arten wie der Aal besonders negativ beeinflusst, wobei große, abwandernde weibliche Blankaale stärker betroffen sind als die kleineren männlichen Tiere. 34. Wie viel Prozent der Querbauwerke und wie viel Prozent der Wasserkraftanlagen sind mit einem Fischaufstieg, einem Fischabstieg oder beiden ausgerüstet (bitte nach Bundesländern und Leistungsgrad der Anlage – bis 1 MW und über 1 MW – auflisten)?

In Deutschland besteht kein einheitliches Kataster, das Auskunft über die Ausstattung von Wasserkraftanlagen mit Anlagen oder Auflagen zur Minderung der Umweltwirkungen auf den Gewässerzustand gibt. Der Bundesregierung liegen die notwendigen Informationen nicht vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 35. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine Neutralisierung der Anströmgeschwindigkeit zur Kraftwerksturbine und der Lockströmung bei Umgehungsgerinnen in Bezug auf Orientierung von wandernden Tierarten?

Gegenwärtig geht man davon aus, dass die Anströmgeschwindigkeit am Rechen 0,5 m/s nicht übersteigen sollte, damit der abwandernde Fisch nicht gegen den Rechen gepresst wird und genügend Zeit und Energie für Suchbewegungen am Rechen zum Auffinden eines Abstiegkorridors (Bypass) aufwenden kann (Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (2005) „Handbuch Querbauwerke“). Bestimmte mechanische Schutzsysteme (Rechen, Louver) sollen eine Leitwirkung entfalten. Die Leitströmung (früher Lockströmung) soll einen unterbrechungsfreien Wanderkorridor zwischen Unterwasser und Fischaufstiegsanlage (hier Umgehungsgerinne) herstellen. Die Attraktivität der Leitströmung ist abhängig (siehe Merkblatt DWA-M 509, Gelbdruck) – vom Austrittswinkel (< 30°), – vom Strömungsverhältnis im Unterwasser,

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– von der Strömungsgeschwindigkeit (mittlere Fließgeschwindigkeit ca. 1 m/s), – vom Strömungsimpuls (kleine Gewässer 5 Prozent des Gesamtabflusses, größere Gewässer 10 Prozent des Niedrigwasserabflusses oder 1 bis 1,5 Prozent der Ausbauwassermenge der Wasserkraftanlage). 36. Welche öffentlichen Mittel wurden wann und in welcher Höhe bisher für die Herstellung der Gewässerdurchgängigkeit verwendet (bitte für den Zeitraum ab dem Jahr 2000 nach Bund- und Ländermitteln getrennt auflisten)?

Wegen ihres Sachzusammenhangs wird auch auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Eine Zuweisung der erforderlichen Haushalts- und Personalmittel für diese zusätzliche Aufgabe der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ist nicht erfolgt. Dennoch wurden seitens des Bundes seit Übernahme der Zuständigkeit im Jahr 2010 Mittel in der Größenordnung von rund 10 Mio. Euro für konkrete Maßnahmenumsetzungen aufgewendet. Die Aufwendungen der Länder sind nicht bekannt. 37. Ist der Bundesregierung bekannt, in welcher Menge bewegliche Strommodule (Querverbauung besteht aus einzelnen steuerbaren beweglichen Modulen, die bei geeigneter Einstellung die Durchgängigkeit gewährleisten – Beispiel Salzach) zur Herstellung der biologischen und morphologischen Durchgängigkeit bei Neubau und/oder Modernisierung von Wasserkraftwerksanlagen verwendet werden?

Der Bundesregierung liegen keine entsprechenden Daten vor. 38. Wie möchte die Bundesregierung eine solche Entwicklung weiter fördern?

Über die Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit der beschriebenen Anlagen liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. Eine allgemein gültige Aussage zur Förderfähigkeit kann daher nicht getroffen werden. 39. Unterstützt die Bundesregierung den Rückbau von Querverbauungen, insbesondere in Natura 2000- und Schutzgebieten und im Anschluss an wertvolle frei fließenden Strecken, um die ökologische Qualität und Biodiversität dieser Fließgewässerstrecken (Maßnahme aus dem Katalog der WRRL-Maßnahmen zur Wiederherstellung eines hydromorphologisch verbesserten Zustandes) zu sichern und zu verbessern?

Die Durchführung von Maßnahmen zum Rückbau von Querverbauungen in Natura 2000- und Schutzgebieten mit dem Ziel der Sicherung und zur Verbesserung der ökologischen Qualität und Biodiversität von Fließgewässerstrecken fällt in die Zuständigkeit der Länder. Unabhängig davon, ob es sich um Natura-2000-Gebiete oder Schutzgebiete handelt, unterstützt die Bundesregierung solche Maßnahmen im Rahmen der ihr gegebenen Möglichkeiten z. B. mit dem Bundesprogramm „chance.natur – Bundesförderung Naturschutz“.

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40. Wo wurden Anträge zur Wasserkraftnutzung gemäß § 12 Absatz 1 WHG oder § 27 WHG (Versagung der Erlaubnis oder Bewilligung) abgelehnt (bitte nach Bundesländern aufführen)?

Über die Versagung einer Erlaubnis oder Bewilligung nach § 12 WHG entscheiden die Landesbehörden. Die Bundesregierung wird darüber nicht informiert. 41. Bis zu welchem Zeitpunkt ist der Abschluss der Schlüsselmaßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit nach der WRRL (Berichtsportal WasserBLIcK, BfG, Stand 31. Oktober 2012 in: „Die Wasserrahmenrichtlinie. Eine Zwischenbilanz zur Umsetzung der Maßnahmenprogramme 2012“ in Zusammenarbeit von BMU und Umweltbundesamt, September 2013) geplant?

Für die Konzeption und Umsetzung der Maßnahmenprogramme sind die Bundesländer zuständig. Informationen über den Abschluss der Schlüsselmaßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit liegen der Bundesregierung nicht vor. 42. Wer ist in die Planung und Umsetzung genau mit eingebunden?

Zuständig für Planung und Umsetzung sind die Landesbehörden. Sie stimmen sich auch untereinander auf Flussgebietsebene ab. In internationalen Flussgebieten unterstützt die Bundesregierung die Länder bei der Abstimmung. 43. Hält die Bundesregierung weiter am erhöhten Vergütungssatz für Anlagen mit bis zu 500 kW nach § 23 Absatz 1 EEG (12,7 Cent pro Kilowattstunde) fest?

Die Bundesregierung wird diese Frage im Rahmen der Novelle des EEG klären. 44. Wie ist in den einzelnen Bundesländern die Wasserentnahmeabgabe konkret geregelt (bitte nach Bundesländern und der jeweiligen gesetzlichen Grundlage sortiert auflisten)?

Das Wasserentnahmeentgelt bzw. die Wasserentnahmeabgabe ist in den einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt. Mit Ausnahme von Bayern, Hessen und Thüringen erheben alle Länder ein Wasserentnahmeentgelt, wobei allerdings die entgeltpflichtigen Tatbestände und die Höhe des Entgelts unterschiedlich geregelt sind. In Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, NordrheinWestfalen und Rheinland-Pfalz wird die Wasserkraft von der Abgabepflicht ausgenommen. Das Wasserentnahmeentgelt wird in den einzelnen Ländern auf der Grundlage der nachstehenden gesetzlichen Grundlagen erhoben: Bundesland

Gesetzesgrundlage

Baden-Württemberg

Wassergesetz für Baden-Württemberg, § 17a bis 17o, Fassung vom 28. 7. 2010

Berlin

Berliner Wassergesetz, § 13a, Fassung vom 17. 6. 2005

Brandenburg

Brandenburgisches Wassergesetz, §§ 40 bis 42, Fassung vom 20. 12. 2011

Bremen

Gesetz über die Erhebung einer Wasserentnahmegebühr, Fassung vom 23. 4. 2004, zuletzt geändert am 24. 1. 2012

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Bundesland

Gesetzesgrundlage

Hamburg

Gesetz über die Erhebung einer Gebühr für Grundwasserentnahmen, in der Fassung vom 26. 6. 1989, zuletzt geändert am 21. 12. 2010

MecklenburgVorpommern

Wassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern, §§ 16 bis 18, in der Fassung vom 30. 11. 1992, zuletzt geändert am 12. 7. 2010

Niedersachsen

Niedersächsisches Wassergesetz, §§ 21 bis 28, Fassung vom 19. 2. 2010

Nordrhein-Westfalen

Wasserentnahmeentgeltgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, §§ 1 bis 12, Fassung vom 27. 1. 2004, zuletzt geändert am 21. 3. 2013

Rheinland-Pfalz

Landeswasserentnahmegesetz, §§ 1 bis 10, Fassung vom 13. 7. 2012

Saarland

Saarländisches Grundwasserentnahmeentgeltgesetz, §§ 1 bis 11, Fassung vom 12. 3. 2008, zuletzt geändert am 16. 7. 2012

Sachsen

Sächsisches Wassergesetz, § 23, in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. 10. 2004, zuletzt geändert am 1. 1. 2013

Sachsen-Anhalt

Wasserentnahmeentgeltverordnung für das Land Sachsen-Anhalt, §§ 1 bis 10, Fassung vom 22. 12. 2011

Schleswig-Holstein

Grundwasserabgabengesetz, §§ 1 bis 16, Fassung vom 14. 2. 1994, zuletzt geändert am 13. 12. 2007 Oberflächenwasserabgabengesetz, §§ 1 bis 13, Fassung vom 13. 12. 2000, zuletzt geändert am 16. 9. 2011

45. Kann auf Bundesebene eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Wasserentnahmeparteien in Bezug auf die Entrichtung des Wasserentnahmeentgeltes Artikel 9 WRRL (Beispiel Braunkohletagebau in Sachsen) ausgeschlossen werden? Wie ist das zu bewerkstelligen?

Da die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts derzeit landesrechtlich geregelt ist, kann es im Verhältnis der Länder untereinander zwangsläufig zu Ungleichbehandlungen der betroffenen Gewässerbenutzer kommen. Hiermit ist jedoch nicht zwangsläufig ein Verstoß gegen Artikel 9 WRRL verbunden. Die derzeit bestehenden Regelungsunterschiede könnten allenfalls durch eine bundesrechtliche Regelung zum Wasserentnahmeentgelt beseitigt werden. 46. Wie viele Beschäftigte sind in Deutschland in der Wasserkraft tätig? Wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entfallen dabei auf die kleine Wasserkraft in Anlagen mit bis zu 1 MW Leistung?

Laut der Studie „Erneuerbar beschäftigt!“, veröffentlicht vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im August 2013 und abrufbar unter www.erneuerbare-energien.de, waren im Jahr 2012 in der Wasserkraftbranche 7 200 Arbeitnehmer beschäftigt. Über die Zahl der Beschäftigten in Anlagen mit bis zu 1 MW Leistung liegen der Bundesregierung keine Informationen vor.

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47. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung bezüglich der Entlohnungshöhe dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

Die Entlohnungshöhen der Beschäftigten werden in privatrechtlichen Verträgen festgelegt, über deren Inhalt die Bundesregierung keine Kenntnis hat. 48. Sieht die Bundesregierung ein „überwiegend öffentliches Interesse“, wie es laut Artikel 4 Absatz 7 WRRL als Ausnahmetatbestand für einen Verstoß gegen das Verschlechterungsgebot gilt, beim Betrieb einer Kleinwasserkraftanlage mit bis zu 1 MW Leistung als gegeben an?

Das „überwiegend[e] öffentliche Interesse“ kann nur bezogen auf den jeweils zu bewertenden Einzelfall und nicht generalisierend festgestellt werden, da die konkreten Auswirkungen für das betroffene Gewässer gegen die konkret darzulegenden öffentlichen Interessen abgewogen werden müssen. Je kleiner der Nutzen für die öffentlichen Interessen, desto größer wird allerdings der Begründungsaufwand für die Rechtfertigung der Ausnahme sein. 49. Wenn ja, mit welcher Begründung, wenn die Europäische Kommission in ihrem Mahnschreiben 2013/4018 C(2013)2232 final vom 25. April 2013 an den österreichischen Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, Dr. Michael Spindelegger, erklärt, dass „die Erzeugung erneuerbarer Energien in Österreich und in der EU“ nicht als ein überwiegend öffentliches Interesse gilt, und somit bei der Bewilligung des Wasserkraftwerkes Schwarze Sulm mit einer Leistung von 4920 kW gegen geltendes EU-Recht verstoßen wurde?

Zu dem schwebenden Mahnverfahren der Europäischen Kommission gegen Österreich (Schwarze Sulm) kann die Bundesregierung nicht Stellung nehmen, da die diesbezüglichen Dokumente nicht öffentlich sind. 50. Wie steht die Bundesregierung zu der Aussage der Europäischen Kommission in ihrem Mahnschreiben 2013/4018 C(2013)2232 final, dass ein Projekt mit der nationalen Einstufung „überwiegend öffentliches Interesse“ einer Einzelfallprüfung „mit seinen mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen auf die Ziele“ der WRRL bedarf im Falle von Neu- und Ausbauten von Wasserkraftwerken, die für sie selbst im überwiegend öffentlichen Interesse liegen? Mit welchen Maßnahmen wird dieser Anspruch umgesetzt?

Zu dem schwebenden Mahnverfahren der Europäischen Kommission gegen Österreich (Schwarze Sulm) kann die Bundesregierung nicht Stellung nehmen, da die diesbezüglichen Dokumente nicht öffentlich sind. Inhaltlich wird auf die Antworten zu den Fragen 48 und 49 verwiesen. 51. Liegt jedem Neubau einer Wasserkraftanlage eine strategische Umweltverträglichkeitsprüfung (SUP) hinsichtlich des besten geeigneten Standorts zugrunde? Wenn nein, mit welcher Begründung nicht?

Nein. Nach Anlage 3 Nummer 1.4 zum UVPG ist eine Strategische Umweltprüfung (SUP) für Maßnahmenprogramme nach § 82 WHG durchzuführen. Solche Maßnahmenprogramme, die jeweils für eine Flussgebietseinheit durchzuführen sind, können unter Umständen auch Vorgaben im Hinblick auf mögliche Stand-

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orte für neue Wasserkraftanlagen enthalten (z. B. Unzulässigkeit neuer Wasserkraftanlagen an bestimmten Gewässerabschnitten). Gegenstand der SUP ist aber immer das Maßnahmenprogramm insgesamt, nicht eine einzelne neue Wasserkraftanlage. 52. Wann, und wo wurde im Sinne des Verbesserungsgebotes Artikel 4 WRRL und § 27 WHG der § 18 Absatz 2 WHG (Widerruf der Erlaubnis und der Bewilligung, wenn die Benutzung drei Jahre ununterbrochen nicht ausgeübt, der Umfang erheblich unterschritten oder der Benutzungszweck nicht mehr übereinstimmt) zur Anwendung gebracht?

Auf die Antwort zu Frage 53 wird verwiesen. 53. Wie viele Wasserkraftbenutzungen wurden nach § 20 Absatz 2 Nummer 4 WHG ohne Entschädigung widerrufen (bitte nach Bundesländern auflisten)?

Über den Widerruf einer Erlaubnis oder Bewilligung entscheiden die Landesbehörden selbstständig. Die Bundesregierung erhält dazu keine Informationen. 54. Ist die Einführung des bisher gescheiterten Umweltgesetzbuches (UGB) geplant, das „bundeseinheitlich die Durchgängigkeit und die Mindestwasserführung als Genehmigungsvoraussetzungen für die Zulassung von Wasserkraftanlagen“ (BMU, Februar 2008: „Die Nutzung der kleinen Wasserkraft in Deutschland im Spannungsfeld von Klima-, Natur- und Gewässerschutz“) formuliert?

Nein. Die §§ 33 bis 35 WHG normieren bereits bundeseinheitliche Anforderungen an die Mindestwasserführung, die Durchgängigkeit sowie den Fischschutz, die bei der Zulassung von Wasserkraftanlagen zu beachten sind. Diese Vorschriften wurden weitgehend unverändert aus dem seinerzeitigen Entwurf für ein Zweites Buch Umweltgesetzbuch (UGB II) in das Wasserhaushaltsgesetz 2010 übernommen. 55. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die Kühlwasserentnahme aus Fließgewässern dem aktuellen Stand des Wissens (Hybridkühltechnik, die nahezu ohne Flusswasser auskommt, analog dem Kohlekraftwerk Vattenfall Elbe/Moorburg – Oberverwaltungsgericht Hamburg, Urteil 5e11-08 vom 18. Januar 2013) anzupassen, und damit den mit Kühlwasserentnahme verbundenen Fischverlust (Fischanfall) zu beenden?

Für die Bewilligung von Kühlwasserentnahmen sind die Länder zuständig. Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Landesbehörden über den aktuellen Stand des Wissens informieren.

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