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aus vertikal zu angeln. An vie- ... Vertikal vom Ufer. Von Carsten Wieneke. Jeder weiß, dass Vertikalangeln .... kommen einige gute Produkte auf den Markt.
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Vertikal A Von Carsten Wieneke

vom Ufer

Jeder weiß, dass Vertikalangeln sehr erfolgreich sein kann. Gerade Zander mit ihrer Vorliebe für sanft absinkende Köder sprechen darauf an. Allerdings glauben viele Uferangler, dass diese Technik nur vom Boot aus funktioniert. Doch das ist falsch!

n vielen Gewässern gibt es Möglichkeiten, um auch vom Ufer aus vertikal zu angeln. An vielen Flüssen sind die Ufer ganz oder teilweise durch Spundwände oder Hafenanlagen befestigt. Wenn an solchen Plätzen auch noch eine gewisse Strömung herrscht, hat man nicht selten einen Hot-Spot gefunden. Auch Schwimmpontons, Steganlagen und Schiffsanlegeplätze sind Topstellen, an denen sich das Angeln senkrecht unter der Rutenspitze lohnt. Es kann durchaus sein, dass einige dieser Plätze große Tiefen aufweisen. Damit sind diese Plätze sowohl im Winter interessant, wenn sich hier Fische zum Überwintern einstellen, als auch im Sommer, wenn die Fische in tieferes, kühleres Wasser ausweichen wollen. In der Regel ist der Untergrund hart, was besonders Zander, aber auch Barsche be-

Sanft verführt. Zander werden bei sanft absinkenden Ködern „schwach“. Deswegen ist das Vertikalangeln so effektiv – und das nicht nur vom Boot, sondern auch vom Ufer!

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vorzugen. Die schroffe Mauer oder Spundwand ist für die Fische wie eine Leitplanke an der Autobahn. Sie ziehen an diesen Wänden entlang und suchen nach Nahrung. Kleinfische werden durch die vorbeistreichende Strömung ebenfalls an die Wand gedrückt, orientieren sich genauso daran und haben gleichzeitig nur wenige Fluchtmöglichkeiten. Eine Spundwand ist also ein reich gedeckter Tisch für die Räuber.

Problem: Wie landen? Die Befestigungsanlagen sind aber für den Hochwasserschutz oder die Schifffahrt entworfen und nicht für uns Angler. Nicht selten liegen zwischen Wasseroberfläche und überhöhtem Ufer einige Meter Luftlinie. Wie soll hier ein Fisch gelandet werden? Einfach an der Schnur hochziehen? Bei großen Fischen ist das kaum möglich. Schon alleine aus diesem Grund lassen viele

Verstecktes Lächeln. Der Autor hat gut lachen: Weil er vom Ufer aus vertikal angelt, fängt er regelmäßig solche guten Zander.

Funzt bei Kälte. Weil beim Vertikalangeln die Köderkontrolle besonders gut ist, funktioniert es auch im kalten Winterwasser. Anders als beim klassischen Jiggen bleiben selbst zaghafte Bisse nicht unbemerkt. Mehr als Plan B. Das Vertikalangeln ist für Uferangler mehr als nur ein Verlegenheitsangeln. Wenn Treib-Eis das Auswerfen sinnlos macht, kann man senkrecht unter der Rutenspitze immer noch angeln.

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Angler solche Plätze außer acht. Andere wiederum behelfen sich irgendwie: Im Stralsunder Hafen konnte ich beobachten, wie mit einem langen Stippkescher ein 50er Zander gelandet werden konnte. Das funktioniert – aber nur bei kleineren Fischen. Bei Fischen jenseits der 70 Zentimeter ist ein Stippkescher überfordert. Auch eine Senke kommt nicht in Betracht, da sie nicht für größere Fische konstruiert ist. Noch dazu sind die Drahtbügel ein Hindernis bei der Landung. Zum Glück gibt es aber den Spundwandkescher. Dieser ermöglicht es uns, an den begehrten Plätze ruhigen Gewissens zu fischen. Wenn man nun einen Fisch im Drill hat, lässt man den Kescher ’runter (Seil fest halten nicht vergessen!) und zieht den Fisch drüber. Dann heißt es: Hoch damit! Je höher man steht, umso mehr Übung braucht man allerdings, den Fisch hineinzubugsieren. Achten Sie unbedingt darauf, Ihre Rute bei der Landung nicht zu weit nach hinten zu halten. Es kann leicht passieren, dass sie dabei bricht, wenn sie überlastet wird.

Durchschnittliche Fische bekommt man noch relativ leicht in den Spundwandkescher hinein. Hängt allerdings ein größerer Zander dran, sieht es anders aus. Diese lassen sich nicht einfach hineinheben, dazu sind sie zu schwer. Also muss der Kescher zuvor mitsamt Netz unter Wasser! Damit das Netz absinkt, haben Spundwandkescher ein kleines Gewicht am Ende des Netzbeutels. Ansonsten schwimmt der Kescher auf und genau das kann ein Problem sein. Oft schafft man es dann nicht, den kapitalen Zander weit genug über den Bügel zu bugsieren. Durch die senkrechte Position bei der Landung muss man den Fisch entweder mit Schwung über den Kescher führen oder rein heben. Ich dagegen versuche stets, den Fisch seitlich über den Kescher zu führen. Um diese Prozedur zu erleichtern, befestige ich am

Es gibt einige Spots, wo die Strömung so stark ist, dass 40-GrammKöpfe benutzt werden müssen. Dann kommt man schnell an die Grenzen der meisten Ruten.

GroSSe Köder. Wer mit großen Ködern fischt, fängt auch große Zander. Allerdings müssen die Gummis gegen Fehlbisse wie beim Hechtangeln mit zwei Drillingen versehen werden.

bereits vorhandenen Gewicht noch zusätzlich ein 200 Gramm schweres Blei oder einen gleichschweren Pilker. So sinkt der Kescher unter die Wasseroberfläche ab, wenn ich etwas Leine lasse, und die Landung ist sehr viel leichter. Ich möchte Ihnen auch dringend davon abraten, die Schnur zu greifen und den Fisch per Hand in den Kescher zu ziehen. Auf diese Weise habe ich leider einen kapitalen Zander verloren. Die Rute federt Stöße und Schläge des Zanders einfach besser ab und verhindert das Aushebeln des Hakens sowie auch Schnurbruch. Durch das Festhalten der Schnur fällt die Pufferwirkung der Rute weg, und der Fisch könnte bei einem letzten Wälzer an der Oberfläche verloren gehen.

Strecke mit Rucksack

Lohn der Mühe. Der Autor mit einem hochkapitalen Zander, der direkt unter der Rutenspitze am Fuß der Spundwand biss.

Nicht selten stehen die Fische an bestimmten Stellen wie gestapelt, während andere Abschnitte der Spundwand fischfrei sind. Wenn man „seine“ Spundwand nicht genau kennt, muss man den Fisch also suchen. Gerade in Hafengebieten hat man dabei die Qual der Wahl. Hier gibt es so viele „heiße“ Spundwände, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Gerade im Winter mögen die Fische große Happen. Deshalb fische ich dann bevorzugt große Gummis, die aber leider auch viel Platz benötigen. Unglücklichrweise gibt es noch nicht viele handliche Rucksäcke, in die dicke 36er Boxen ordentlich übereinander passen. Doch glücklicherweise hat sich das Streetfishing etabliert und nach und nach kommen einige gute Produkte auf den Markt. Ich habe mir für diese Angelei den Garbolino- Broc´n Street Rucksack Jumbo (erhältlich bei www.koederwahnsinn.de) zugelegt. Hier kann ich drei 36er Boxen unterbringen und habe noch genug Platz für Zange, Vorfächer und Kleinteile. Natürlich ist auch der Tragegriff für den Kescher vorhanden. Als Ruten haben sich die bei Bootsanglern schon üblichen Vertikalruten bewährt. Da sie mit Längen um 2 Meter recht kurz sind, fällt die Landung etwas leichter. Es gibt allerdings einen Haken: Die meisten Vertikalruten haben ein Wurfgewicht um die 30 Gramm. Dies reicht in der Regel auch aus. In der Hamburger Elbe, einem meiner Lieb-

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Mobil sein! Um möglichst schnell einen guten Spot zu finden, sollten Sie mobil sein und Strecke machen. Dabei hat es sich bewährt, statt der weit verbreiteten Umhängetaschen auf einen geräumigen Rucksack umzusteigen. Dies hat drei Vorteile: 1. Wenn wir mit der Strömung gehen, um Strecke zu machen, haben wir unser Tackle immer am Mann und müssen die Sachen nicht ständig nachholen.

2. Eine Umhängetasche neigt leider dazu, nach und nach auf den Arm runterzurutschen oder drückt am Hals. Dies ist bei einem Rucksack nicht der Fall. Wir können in Ruhe fischen, ohne die Tasche ständig wieder auf die Schulter hoch schieben zu müssen.

Viel Platz. Diese Rucksack-Tasche bietet viel Platz für große Köder. Doch sie hat noch weitere Vorteile..

Karabiner hält. Mit einem Karabiner kann man am Handgriff auch den Spundwand-Kescher befestigen.

Besser als Band. Eine Hundeleine mit Spannrolle ist zum Hochziehen des Keschers besser geeignet als das handelsübliche Seil.

Gewicht bringt’s. Ein Gewicht (hier ein alter Pilker) zieht den Netzbeutel unter Wasser, so dass sicher gekeschert werden kann.

3. Der Spundwandkescher muss auch noch

Fotos: Chr. Wieneke

irgendwie mit. Die meisten Rucksäcke haben einen zusätzlichen Tragegriff. Ich stülpe den Kescher einfach bis zum Griff über den Rucksack und fädele die aufgewickelte Leine des Keschers zweimal durch. Es sieht zwar etwas ungewöhnlich aus, aber der Kescher ist nicht besonders schwer und stellt deswegen kein Problem dar. Wenn Sie nun einen Fisch im Drill haben, pumpen Sie den Fisch erst an die Oberfläche, nehmen den Rucksack runter und fädeln dann erst die Leine aus dem Griff. Dies erfordert etwas Übung, aber mit der Zeit ist es relativ leicht. Um sich die Landung noch zu erleichtern, gibt es zwei Möglichkeiten. Anstatt die Leine immer durchfädeln zu müssen, nimmt man einfach einen großen Karabiner, ähnlich wie beim Bergsteigen, und klinkt den Kescher samt Leine einfach ein bzw. aus. Die zweite Möglichkeit ist wohl die Beste. Jeder kennt diese Hundeleinen, wo man per Kopfdruck die Leine aufzieht oder ablässt. Sie entfernen einfach die vorhandene Leine am Kescher und klinken stattdessen die Hundeleine ein. Sollte der Karabiner hier zu klein für den Tragegriff Ihres Rucksacks sein, tauschen Sie ihn einfach aus. So ist nicht nur der Transport sehr viel leichter, sondern auch das ständige Leineauf- bzw. -abwickeln entfällt. So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe! Kaufen Sie ruhig eine Leine für einen großen Hund. Ein dickes Seil erleichtert das Hochziehen kapitaler Fische...

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Einfach ablassen. Per Knopfdruck kann man an der Hundeleine den Kescher blitzschnell ablassen.

Länge reicht. Da die meisten Hundeleinen 5 bis 10 Meter lang sind, kann man auch an hohen Spundwänden mit ruhigem Gewissen angeln.

GroSSfischtauglich. Mit dem nach den Tipps des Autors umgerüsteten Spundwandkescher gelingt selbst die Landung besserer Zander problemlos.

lingsgewässer, gibt es aber einige Spots, wo die Strömung so stark ist, dass 40 GrammKöpfe benutzt werden müssen. Zusammen mit dem Gewicht des Gummiköders und dem Strömungsdruck kommt man schnell an die Grenzen der meisten Ruten.

Zwei brettharte Ruten Deswegen habe ich zwei Ruten im Repertoire. Einmal die Abu Garcia Yabai Baitcast in 2,07 Meter Länge und 10-60 Gramm Wurfgewicht und zum anderen die Yabai Spin mit 2,80 Meter und 20-70 Gramm. Diese Ruten sind bretthart, schnell in der Aktion und superleicht. Hier wackelt nichts nach, man spürt jede Kleinigkeit und kann auch bei wechselnden Strömungen fischen. Entsprechende Rollen sollten Sie natürlich montieren. Eine Baitcaster-Multi hat natürlich den Vorteil, schneller auf unterschiedliche Tiefen zu reagieren. Die Stationäre bietet mir allerdings den Vorteil, einen Finger in die Schnur zu legen, um die Bisse besser zu spüren. Gerade im Winter sind die Bisse oft sehr fein und dann liegt die Stationäre vorn. Als Schnur dient eine gut sichtbare 0,12er bis 0,15er Geflochtene. Beim Vorfach liegt es auf der Hand, dort, wo Hechte vorkommen, Stahl zu nutzen. Ansonsten bevorzuge ich 0,40er Fluorocarbon, weil an diesen Plätzen oft Muschelbänke vorkommen.

Freund größerer Köder Bei den Ködern bin ich – wie beschrieben – ein Freund auch von größeren Ködern. Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig einige Kollegen dem Zander in dieser Hinsicht zutrauen. Dagegen habe ich schon 60 Zentimeter lange Zander gefangen, die 20 Zentimeter

Wichtig ist, so langsam wie möglich zu fischen! Ihr angelt auf Zander und nicht auf Dorsche. Also verkneift Euch jegliche Pilkbewegung. große Rotaugen im Rachen hatten. Gerade in der kalten Jahreszeit bevorzugen die Fische größere Happen. Außerdem verursacht so ein Köder stärkere Druckwellen und erregt dadurch mehr Aufmerksamkeit. Einer der besten Vertikalköder dürfte wohl der Fin-S von Lunkercity sein. Ich habe ihn bis zur Größe von 10 Inch dabei – und selbst 50er Zander sind mir schon darauf eingestiegen. Aber auch the Legend von Fox, Stint von mb-fishing oder der Freddie Shad von Quantum sollten nicht fehlen. Da Flüsse meistens trüb sind, bevorzuge ich auffällige Farben und garniere die Köder stets mit einem Angstdrilling. Bei Ködern ab 7 Inch montiere ich zusätzlich einen Kopfdrilling. Bei den Bleiköpfen liegt der Footballkopf vorn. Er hält den Köder von Natur aus in der Waagerechten und fällt auf dem Grund nicht um, wenn man ihn absetzt. Damit das Köderspiel nicht beeinträchtigt wird, sollte er im vorderen Drittel montiert sein. Falls kein Footballkopf zur Verfügung steht, kann auch ein Rundkopf benutzt werden. Damit Ihr Köder noch attraktiver wird, können Sie ihn mit Aromen aufmotzen. Gute Erfahrungen habe ich mit Megastrike für Zander gemacht. Aber auch Knoblauch und Stint sind erfolgreich.

Gerade weil wir den Köder beim Vertikalangeln x-beliebig lange in der Absinkphase halten können, ist es so erfolgreich. Allerdings lieben die Zander es auch, wenn der Köder auf den Grund aufschlägt. Deshalb lasse ich den Köder bis zum Grund runter und gehe einfach 1 bis 2 Meter weiter. Dadurch wird der Köder angehoben und erhält seine Absinkphase. Nun kommt ein weiterer Vorteil der Stationärrolle zum Tragen. Mit dem Finger in der Schnur ziehe ich den Köder in der Absinkphase ein ganz wenig an, so als ob die Beute zu einem Spurt ansetzen will. Die Hälfte meiner Fische steigt in diesem Moment ein. Gerade misstrauische Fische schlagen dann zu, weil ein Beissreflex ausgelöst wird. So arbeite ich mich an einer Spundwand Meter für Meter entlang. Wichtig ist dabei, sich Zeit zu lassen und so langsam wie möglich zu fischen! Sie angeln auf Zander und nicht auf Dorsche. Also verkneifen Sie sich einfach jegliche Pilkbewegung. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem klaren See und können zu Ihren Füßen Weißfische beobachten. Ist Ihnen jemals ein Rotauge aufgefallen, das pausenlos hoch und runter hüpft? Mir jedenfalls nicht, und den Zandern wohl auch nicht! Am leichtesten fällt dies, wenn man die Strecke gegen die Strömung abläuft, weil der Köder dann durch den Strömungsdruck sowieso längere Zeit zum Grund benötigt. Trotzdem sollten Sie die gleiche Strecke auch mit der Strömung im Rücken zurück fischen. An manchen Tagen bevorzugen die Zander es, wenn der Köder auf sie zu kommt.