15 Nachehelicher Unterhalt und Kinderunterhalt - Duri Bonin

Nachehelicher Unterhalt des. Ehegatten und der Kinder. Sicherung der. Unterhaltsbeiträge. Art. 125 ff. ZGB, Art. 80 SchKG, Art. 217 StGB. (1) Ehegattenunterhalt.
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Gewusst wie

Nachehelicher Unterhalt des Ehegatten und der Kinder Sicherung der Unterhaltsbeiträge Art. 125 ff. ZGB, Art. 80 SchKG, Art. 217 StGB (1) Ehegattenunterhalt Grundgedanke Mit der Scheidung hört die Pflicht zu Treue und Beistand auf. Das Gesetz hält deshalb fest, dass bei einer Scheidung primär kein Unterhalt zu leisten ist: Jeder Ehegatte soll nach der Scheidung im höchstmöglichen Mass für seine eigenen Bedürfnisse aufkommen und das Zumutbare unternehmen, um seine eigene finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen (Prinzip des „clean break“). Nacheheliche Solidarität Der Gedanke der nachehelichen Solidarität verlangt unter Umständen aber, demjenigen Partner einen Ausgleich zu verschaffen, der als Folge der Ehe wirtschaftliche Nachteile in Kauf genommen hat – zum Beispiel  weil er seine Erwerbstätigkeit aufgegeben oder auf Karrierechancen verzichtet hat und stattdessen die Kinder betreut hat

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oder weil die künftige Kinderbetreuung die Aufnahme einer vollzeitlichen Erwerbstätigkeit verhindert. Unter dem Gesichtspunkt der Solidarität kann Unterhalt bei langer Ehedauer auch geschuldet sein, wenn ein Ehegatte während der Ehe aus gesundheitlichen Gründen arbeitsunfähig wird.

Namentlich zur Kinderbetreuung Die Kinderbetreuung nach der Scheidung ist ein Beitrag an den Kinderunterhalt. Es versteht sich, dass die Kinderbetreuung regelmässig den betreuenden Elternteil in der Wiedererlangung der wirtschaftlichen Selbständigkeit behindert. Das Bundesgericht hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass von einer vollen Erwerbsfähigkeit des betreuenden Elternteils im Allgemeinen frühestens dann ausgegangen werden kann, wenn das jüngste Kind das 16. Altersjahr vollendet hat. Weiter hat es aber entschieden, dass dem betreuenden Elternteil zugemutet werden kann, einer Teilzeitarbeit nachzugehen, wenn das jüngste Kind zehn Jahre alt ist. Kriterien zur Bestimmung von Höhe und Dauer von Unterhaltsbeiträgen Die beim Entscheid zu berücksichtigen Kriterien,

 ob ein Beitrag zu leisten ist  gegebenenfalls in welcher Höhe  und wie lange, werden teilweise im Gesetz aufgezählt. Insbesondere zu berücksichtigen sind  die Aufgabenteilung während der Ehe,  die Dauer der Ehe,  die Lebensstellung während der Ehe,  das Alter und die Gesundheit der Ehegatten,  deren Einkommen und Vermögen,  der Umfang und die Dauer der von den Ehegatten noch zu leistenden Betreuung der Kinder,  die berufliche Ausbildung  die Erwerbsaussichten der Ehegatten sowie  der mutmassliche Aufwand für die berufliche Eingliederung der anspruchsberechtigten Person. Keine Bedeutung kommt dem Umstand zu, wer am Scheitern der Beziehung “schuld” ist. Also selbst wenn man vom Ehepartner verlassen wird oder bei sexueller Untreue besteht nach dem Gesetz kein Grund, den nachehelichen Unterhalt auszuschliessen oder herabzusetzen. Trotzdem bleibt der Ehebruch nicht in jedem Fall ohne Bedeutung: Lebt ein Ehegatte während längerer Zeit in einem engen und stabilen Konkubinat, so kann diese neue Lebensgemeinschaft dazu führen, dass die Ehe nicht mehr als hinreichend „lebensprägende Versorgungsgemeinschaft“ erscheint.

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Berechnung eines allfälligen Unterhaltsanspruchs Die Berechnung eines allfälligen Unterhaltsanspruchs erfolgt im Normalfall in zwei Stufen: 1) In einem ersten Schritt sind die Existenzminima der Parteien zu berechnen. Ausgangspunkt für die Berechnung bildet der sog. betreibungsrechtliche Notbedarf, der nach den einschlägigen Richtlinien zu ermitteln ist:  Für den Kanton Zürich siehe das Kreisschreiben der Verwaltungskommission des Obergerichts vom 16. September 2009 unter http://kreisschreiben.gerichtezh.ch/;  für den Kanton Aargau http://www.berechnungsblaetter.c h/rilexmi.htm  für den Kanton St. Gallen http://www.gerichte.sg.ch/news/21 /2009/01/neues_kreisschreiben.ht ml  etc. Sofern es die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien im Einzelfall zulassen, ist der betreibungsrechtliche Notbedarf alsdann um gewisse Zuschläge zum familienrechtlichen Existenzminimum zu erweitern. Über die Frage, in welchem Umfang Zuschläge zum betreibungsrechtlichen Existenzminimum vorzunehmen sind, gehen die Meinungen allerdings von Richter zu Richter auseinander. 2) In einem zweiten Schritt sind die (allenfalls erweiterten) Existenzminima von den Einkommen

abzuziehen. Deckt die Summe der beiden Einkommen die Summe beider Existenzminima nicht, so spricht man von einem Manko bzw. einem Fehlbetrag. In solchen Mankofällen ist dem Unterhaltsschuldner zumindest sein betreibungsrechtliches Existenzminimum zu belassen. In einem neueren Entscheid hat das Bundesgericht nun allerdings die Frage aufgeworfen, ob diese Rechtsprechung überprüft werden muss. Einer Änderung dieser Rechtsprechung steht aber zumindest in meinen Augen ein klarer gesetzgeberischer Entscheid entgegen. Führt die Gegenüberstellung von Gesamtbedarf und Gesamteinkommen dagegen zu einem Überschuss, ist dieser zwischen den Parteien aufzuteilen. Der Aufteilungsmodus hängt stark vom Ermessen des Gerichts ab, das die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen hat. Lediglich bei ausgesprochen guten wirtschaftlichen Verhältnissen geht man anders vor: Hier wird der Lebensbedarf der Parteien auf der Grundlage eines konkreten Haushaltsbudgets bestimmt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Unterhaltsgläubiger trotz Scheidung am Wohlstand des Unterhaltsschuldners partizipiert. Kürzung des Ehegattenunterhalts Dieser kann nur gekürzt oder versagt werden, wenn er offensichtlich unbillig wäre. Eine Verweigerung oder Kürzung

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des Unterhaltsbeitrages fällt zum Beispiel dann in Betracht, wenn die berechtigte Person eine schwere Straftat gegen die verpflichtete Person begangen hat. Grenze des Unterhaltsanspruchs Obere Grenze des Unterhaltsanspruchs bildet bei genügenden finanziellen Mitteln im Allgemeinen derjenige Betrag, der für die Fortführung des letzten gemeinsamen Lebensstandards aufgewendet werden muss. Reichen die Mittel des Unterhaltsschuldners zur beidseitigen Fortführung des bisher gelebten Standards nicht aus, so hat der Unterhaltsberechtigte Anspruch auf gleichwertige Lebensführung wie er Unterhaltspflichtige. Dauer der Unterhaltspflicht Heute werden Unterhaltsbeiträge grundsätzlich nur noch für eine befristete Dauer zugesprochen. Änderung der Unterhaltsbeiträge Die nachträgliche Herabsetzung der Scheidungsbeiträge resp. der Zahlungsdauer ist nur bei einer erheblichen und dauernden Veränderung der Verhältnisse möglich. Eine Erhöhung kommt zudem nur unter eingeschränkten Voraussetzungen in Frage:  kein gebührender Unterhalt im Scheidungsurteil zugesprochen und zwar aufgrund der finanziellen Verhältnisse,  Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der verpflichteten Person innerhalb von fünf Jahren.

(2) Kinderunterhalt Kriterien zur Bemessung des Unterhaltsbeitrages Der Unterhaltsbeitrag muss  den Bedürfnissen des Kindes sowie  der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen;  ausserdem sind Vermögen und Einkünfte des Kindes sowie  den Betrag des nicht obhutsberechtigten Elternteils an der Betreuung des Kindes zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: Es ist auf die individuelle Bedürfnislage abzustellen. Dabei ist zu beachten, dass sich die Bemessungskriterien zum Teil gegenseitig beeinflussen. Vorgehen zur Bemessung der Unterhaltsbeiträge Die von der Berechnung des Ehegattenunterhalts losgelöste Berechnung der Kinderunterhaltsbeiträgte kommt in Scheidungsverfahren selten vor. Sind gleichzeitig Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt festzusetzen, wird der erstgenannte von den Gerichten in der Regel aus dem Gesamtunterhalt „herausgelöst“, den der unterhaltspflichtige Ehegatte nach der Scheidung zu leisten hat. Zur Aussonderung des Kindesunterhalts aus dem Gesamtunterhalt können bspw. die „Zürcher Empfehlungen“ verwendet werden (detailliert hierzu Gewusst wie Nr. 7). Dauer der Unterhaltspflicht Die Unterhaltspflicht dauert grund-

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sätzlich bis zur Mündigkeit des Kindes. Hat dieses zu diesem Zeitpunkt noch keine angemessene Ausbildung abgeschlossen, so haben die Eltern, soweit es ihnen nach den gesamten Umständen zugemutet werden kann, für das Kind aufzukommen, bis eine Ausbildung ordentlicherweise abgeschlossen werden kann. (3) Sicherung der Unterhaltsbeiträge Betreibung Wer die Unterhaltsbeiträge nicht bezahlt, kann betrieben werden. Das Betreibungsverfahren wird durch Einreichung des Betreibungsbegehrens beim zuständigen Betreibungsamt eingeleitet. Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt den Zahlungsbefehl und stellt diesen dem Schuldner zu. Der Schuldner kann nun entweder die Schuld bezahlen, nichts machen (was faktisch einer Anerkennung der Schuld gleich kommt) oder den sog. Rechtsvorschlag (Bestreitung der Forderung) erheben. Im letzteren Fall muss ein Gericht über die Rechtsmässigkeit der Forderung entscheiden. Anweisung an den Arbeitgeber Weil aber Unterhaltsbeiträge für die Berechtigten lebenswichtig sind, gibt es im Familienrecht eine zusätzliche Möglichkeit: Das Gericht kann den Arbeitgeber anweisen, die Zahlungen direkt an die Unterhaltsberechtigten zu leisten. Da die Anweisung einschneidende Folgen hat, genügt aber

nicht schon jede Gefahr der Nichtzahlung, damit das Gericht den Schuldner anweist. Die Massnahme kommt gewöhnlich erst in Frage, wenn die Unterhaltsbeiträge trotz Warnung wiederholt unpünktlich bezahlt wurden. Nur ausnahmsweise kann eine Anweisung schon im Unterhaltsentscheid vorgesehen werden, wenn bspw. sich bei der Scheidung herausstellt, dass die im Eheschutzverfahren festgesetzten Unterhaltsbeiträge nicht rechtzeitig bezahlt worden sind. Strafanzeige wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten Bezahlt man die Unterhaltsbeiträge nicht, obwohl man hierzu in der Lage wäre, mach man sich schliesslich unter Umständen sogar gemäss Art. 217 StGB strafbar. Meilen, 11. Oktober 2009 Weitere Exemplare des vorliegenden Gewusst wie finden Sie unter www.duribonin.ch.

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