... und sie kamen in Frieden - 2

2. Christian Genenger … und sie kamen in Frieden. Das Phantom. Band 2. Science Fiction. Page 3. 3. © 2013 AAVAA Verlag. Alle Rechte vorbehalten. 1.
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Christian Genenger

… und sie kamen in Frieden Das Phantom Band 2

Science Fiction

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© 2013 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2013 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: Christian Genenger Printed in Germany Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck:

ISBN 978-3-8459-0974-5 ISBN 978-3-8459-0975-2 ISBN 978-3-8459-0976-9 ISBN 978-3-8459-0977-6 Mini-Buch ohne ISBN

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SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD

Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt, vielleicht aber auch zu exakt demselben, als Kai versuchte seinen Vater zurückzurufen, stand Karel Ludolf im Wohnzimmer seines Hauses in der Burggrafenstraße Zwölf in Ratzingen. Beate, seine, ihn immer wieder verzaubernde, Frau, lag betäubt auf dem weißen Teppich, der ihn seinerzeit eine immense Stange Geld gekostet hatte. Beate hatte darauf bestanden, dass es unbedingt dieser Stoff sein musste. Für Karel waren die verschiedenen Teppiche alle gleich gewesen. Er hatte keine Ahnung von diesen Nebensächlichkeiten. Daher hatte er seiner treuen Frau beim Einrichten des Hauses vollkommen freie Hand gelassen. Bis auf den einen oder anderen furchtbaren Dekorationsartikel hatte sie ihre Sache sehr gut gemacht und er hatte sich die letzten achtzehn

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Jahre in ihrem Zuhause sehr wohl und stets heimisch gefühlt. Tamara lag nur einige Meter entfernt im Hausflur. Karel hatte sich versichert, dass seiner Tochter beim Sturz nichts passiert war. Ebenso wie bei seinem sechsundzwanzig Jahre jungen Sohn Dorian. Er lag in der Küche. Das Essen, das er gerade für die ganze Familie zu bereitet hatte, köchelte noch vor sich her. Karel nahm die Gasmaske von seinem Kopf und atmete tief ein. Der Duft von BologneseSauce schwängerte die Luft und Karel tat es plötzlich leid, dass er diesen Weg gehen musste, um seine Lieben zu schützen. Doch es musste sein. Hätte er seinen Kindern und seiner Frau befohlen dem Kometenfest fernzubleiben, hätten sie ihm nicht gehorcht. Und ihnen die Gründe zu vermitteln, wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Es hatte ihn schon genug Nerven gekostet das ganze Projekt und die wahren Hintergründe seines Tuns und vor allem seines Arbeitsplatzes vor ihnen geheim zu halten. 5

Karel ging vor Beate auf die Knie. Sie schien ihn anzulächeln. So als würde sie ihm sagen wollen, dass sie ihn verstand. Dass sie immer zu ihm stehen würde, egal wie viel Schmerz es für sie und ihre gesamte Familie bedeuten würde. Karel Ludolf gab der Frau, der er vor einundzwanzig Jahren in einem gemeinsamen Urlaub in den Schweizer Alpen einen Heiratsantrag gemacht hatte, einen lang anhalten Kuss auf die Stirn. Für einen kurzen Moment stellte er sich vor wie sie ihn umarmen und innig küssen würde. „Ich liebe dich“, flüsterte er ihr zu und in seiner Vorstellung erwiderte sie es. Karel stand auf und ging zur Haustüre. Vor diesem standen drei Männer von Aurora. Er kannte sie nicht persönlich. Sie waren ihm auch egal. Sie waren ausschließlich Mittel zum Zweck. Das einzige was er von ihnen wollte, war, dass sie seine Familie an einen sicheren Ort brachten. „Kommen sie rein.“

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Die Männer traten wortlos an ihm vorbei und blieben bei der bewusstlosen Tamara stehen. „Ein Transporter steht in der Garage. Der Zugang befindet sich im Garten.“ Einer der Männer nickte. Er schien derjenige zu sein, der das Sagen hatte. „Sie wissen, wohin sie sie bringen müssen?“ „Sektor 3C!“ antwortete der Mann. „Richtig. Und meine Herren, wenn meiner Familie irgendetwas zustoßen sollte, werden sie das zutiefst bereuen. Haben sie das verstanden?“ Karel blickte die Handlanger Auroras streng an. Die Männer machten den Eindruck als würden sie ihr Leben für seine Familie geben. „Natürlich, Herr Ludolf! Sie können sich auf uns verlassen!“ „Sehr gut. Dann fangen sie an!“ Die Männer nickten im Kollektiv und griffen sich als erstes die vor ihnen auf dem Bauch liegende Tamara. Ohne ein weiteres Wort verließ Karel das Haus. Er zog hinter sich die Türe zu und ging 7

zur Einfahrt, die direkt zur Garage führte. Auf dieser stand sein schwarzer Mercedes. Bevor Karel sich hinter das Steuer begab, sah er nochmal auf das große Haus, in welches er nie mehr zurückkehren würde. Acht Stunden später stand es in Flammen. Wilke hatte seinen Wagen am Im Sturme Treu geparkt. Dann war er die Kukuksallee hinab gewandert und auf den Marktplatz gelangt. Die ersten Einwohner Ratzingens tummelten sich bereits auf dem Platz und auch einzelne Vertreter der Presse waren anwesend. Ihr Pech, dachte sich Wilke und überquerte den Parkplatz vor dem Rathaus. In der Mitte des Marktplatzes stand ein ziemlich alter Baum, dessen Äste weit in alle Richtungen wucherten. Unter diesem moderte eine alte, zum Parkplatz ausgerichtete, Holzbank vor sich hin. Auf dieser saßen, wie an jedem Tag, Henk und Pitter. Umgeben von leeren wie vollen Oettinger Flaschen prosteten sie.

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Wilke konnte sich eines debilen Grinsens nicht erwehren und ging weiter auf das Rathaus zu. Bevor er die Türe öffnete blickte er sich noch einmal um. An der Eisdiele, der Pizzeria Bellini und an all den umliegenden Häusern waren aus Pappe oder Plastik gebastelte Kometen angebracht. Ein riesiges Banner, das über den ganzen Platz gespannt war, verkündete in einladender Schrift: „Willkommen zum Ratzinger Kometenfest“ Etwas kreativer hätte es schon sein können, meinte Wilke zu sich selbst, doch auch ihm viel in dieser Sekunde nichts Besseres ein. Auf den Markt führten zwei befahrbare Straßen, die seit dem Morgen gesperrt waren. Über vier weitere Wege, einer führte am Ratzinger Dom vorbei, konnte man die Feierlichkeiten zu Fuß erreichen. Schon jetzt um kurz vor 14:00 Uhr betraten mehr und mehr ahnungslose Bürger den Markt. Manche entschlossen sich das letzte Eis ihres Lebens zu genießen.

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Wilke stieß die Türe auf und betrat den Eingangsbereich des Rathauses. Immer noch waren hier einzelne Kamerateams versammelt, die jedoch langsam aber sicher ihre Zelte abbrachen. Denn nachdem sich ein technischer Fehler als Absturzursache des Airbus 320 etabliert hatte, gab es für diese Geier nichts mehr zu berichten. Die Vertreter der Fernsehsender beachteten ihn nicht weiter und so begab sich Wilke ohne große Umwege hinauf in den zweiten Stock, um den Bürgermeister einen Besuch abzustatten. Er musste sich spurten, da er in einer Stunde wieder am Bunsenhof zur letzten Lagebesprechung sein musste. Er klopfte an die Türe von Bürgermeister Topack. Seine dumpfe Stimme bat ihn herein. Wilke betrat daraufhin das Büro, in dem der Bürgermeister hinter seinem Schreibtisch saß und zu ihm aufblickte. „Ah, Wilke, schön sie zu sehen.“ Er stand auf und schüttelte seine Hand. „Sieht sehr gut aus draußen, oder?“ 10

„Ja, ausgezeichnet, Herr Bürgermeister. Genauso wie ich es mir vorgestellt habe. Die Männer und Frauen haben ausgezeichnete Arbeit geleistet“, antwortete Wilke als würde ihn der ganze Schmarren interessieren. „Und das haben wir alles nur ihrer sorgsamen Planung zu verdanken.“ „Ach, Herr Bürgermeister, da gibt es nichts zu danken. Wenn Ratzingen ruft, bin ich zur Stelle.“ „Und das wissen wir sehr zu schätzen. Übrigens, haben sie ihre Rede fertig?“ Wilke lachte innerlich. „Fertig? Ich improvisiere immer, wenn ich eine Rede halten muss.“ Topack zuckte mit den Augenbrauen. „Meine Güte, sie stecken voller Überraschungen. Ich wünschte, ich hätte ihr Charisma.“ „Seien sie nicht so bescheiden, Herr Bürgermeister. Die Menschen mögen sie und das liegt sicher nicht an ihrem guten Aussehen.“ Wilke lachte und zwinkerte ihm zu. Topack erwiderte sein Lachen. 11

„Ach, Wilke, ich kann ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass sie mir beigepflichtet haben das Fest nicht abzusagen. Die Menschen stehen zwar immer noch unter Schock, aber es gab bisher nur positive Stimmen bezüglich der Entscheidung.“ „Das verstehe ich. Die Leute brauchen das jetzt. Sie wurden alle Opfer einer furchtbaren Tragödie. Doch indem wir ihnen etwas geben, wodurch sie ihre düsteren Gedanken für einen Abend vergessen können, helfen wir ihnen schneller damit leben zu lernen.“ Der Bürgermeister reichte ihm abermals die Hand. „Ich danke ihnen, Wilke. Von ganzem Herzen!“ Wilke schüttelte seine wartende Hand. „War mir ein Vergnügen, Herr Bürgermeister.“ Die Schüler der Realschule Ratzingens hatten bereits um 11:30 Uhr den Unterricht beendet. Für die schuleigene Feier waren alle Vorkeh12

rungen abschließend getroffen worden. Im Rahmen ihrer astronomischen Projektwoche, hatten sie den Schulhof mit handgemachten Dekorationen verziert. Einige Hinweisschilder, die in überschaubaren Abständen auf dem Hof platziert worden waren, berichteten von bisherigen Annäherungen durch Kometen in den vergangenen Jahrhunderten. Die Namen, die Jahre in denen sie erschienen waren sowie einige Eckdaten sollten gerade den jüngeren Schüler vermitteln, dass von einem großen leuchtenden Punkt am Nachthimmel keine Gefahr ausging. Luise Schalach erwartete ihre Schüler der Klasse 7a gegen 16:00 Uhr zurück. Sie saß zusammen mit zwei weiteren Kollegen, Michael Piperek und dem kurz vor der Rente stehenden Bernhard Lambertz, im Lehrerzimmer zusammen. Sie hätte sicherlich die Zeit gehabt, ebenfalls nach Hause zu fahren, doch dort hätte sie nichts weiter erwartet als ein erneuter Streit mit ihrem, wie sie immer wieder penetrant betonte, Lebensabschnittsgefährten. 13

Jürgen hatte ihr vorgeworfen, dass sie ihn nicht mehr liebe. Sie sei desinteressiert und was am schlimmsten war, vollkommen distanziert. Luise dachte unter einem heftigen Pochen ihrer rechten Schläfe darüber nach, ob Jürgen Recht hatte. War ihr Interesse an ihm erloschen? Und somit auch ihre Liebe zu ihm? Sie war sich zumindest sicher, dass irgendwas nicht mehr stimmte. Trotzdem war sie bei Gott keine dieser Personen, die etwas übers Knie brachen, um nachher erschüttert feststellen zu müssen, dass sie einen Fehler begangen hatte. „Luise, ist alles in Ordnung?“ fragte Michael von dem sie wusste, dass er sie sehr gerne mochte. Vielleicht sogar zu gerne. „Ja, es ist alles in Ordnung. Ich habe nur Kopfschmerzen.“ „Hast du nicht gut geschlafen? Du bist in den letzten Tagen schon so neben der Spur.“ „Momentan stecke ich in einer schwierigen Phase, aber da komme ich auch schon wieder raus. Der Sommer war nicht so erholsam, wie 14

ich ihn mir zuvor ausgemalt hatte“, antwortete Luise. Für einen kurzen Moment spielte sie mit dem Gedanken sich Michael zu packen und sich von ihm trösten zu lassen. Doch diesen Gedanken eliminierte sie recht zügig, denn solch eine Person, und Gott war ihr Zeuge, war sie nicht. „Wenn ich dir helfen kann, du weißt, du kannst immer zu mir kommen.“ Luise bemühte sich zu lächeln. „Danke, Michael.“ Bernhard, der seinen Kopf hinter einer Tageszeitung verborgen hatte, lugte hervor und sah seine beiden Kollegen an. „Sagt mal, wie sind eigentlich eure Schüler mit dem Flugzeugabsturz umgegangen?“ Ihre Köpfe fuhren herum und sahen ihn an. „Die meisten waren sehr schockiert und sind es immer noch.“ „Ja, ist bei mir ähnlich“, antworte Luise.

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